Einleitung

Unter dem Terminus „Interstitielle Lungenerkrankungen – Interstitial Lung Diseases – ILD“ wird eine grosse und sehr heterogene Gruppe von mehr als 200 verschiedenen Erkrankungen zusammengefasst. Viele von ihnen sind selten und werden deshalb auch als „Orphan diseases“ bezeichnet.
Der praktizierende Arzt, auch der Pulmologie, bekommt sie kaum jemals zu sehen, weshalb die primäre Diagnosestellung beträchtliche Schwierigkeiten machen kann. Andere Krankheiten dieser Gruppe wie die Sarkoidose, die idiopathische interstitielle Fibrose (IPF), die exogen allergische Alveolitis oder die Kollagen-Erkrankungen kommen jedoch häufiger vor. Ihre rechtzeitige diagnostische Erfassung ist deshalb wichtig, weil für manche dieser Entitäten inzwischen wirksame therapeutische Optionen zur Verfügung stehen.
In den letzten zehn Jahren ist es zu einer sehr starken Erweiterung des Wissens und der Wahrnehmung der diffusen ILD gekommen, und mit der Einführung von diagnostischen Techniken wie der bronchioalveolären Lavage (BAL) und der hochauflösenden Computertomographie (HR-CT) haben sich die Möglichkeiten für eine raschere Erkennung und Zuordnung dieser Erkrankungen beträchtlich verbessert.

Interstitielle Lungenerkrankungen nach verschiedenen Aspekten in Gruppen geordnet (Liste 1)

I. ILD mit bekannter Ätiologie

  • Alveolitis durch:
    • organische Stäube (exogen-allergisch, hypersensitivity Pneumonitis)
    • anorganische Stäube (Pneumokoniosen)
    • Gase, Dämpfe
    • Medikamente (Liste 2)
    • Bestrahlung
    • Lungeninfektionen, ARDS
  • Neoplastische Erkrankungen
    • Lymphangitis carcinomatosa
    • Bronchoalveolarzell-Karzinom
    • Angiozentrisches T-Zell-Lymphom
  • Graft-vs.-Host-Disease nach Lungen- oder Knochenmarkstransplantation
II. Mit Systemerkrankungen assoziierte ILD
  • Bei Lebererkrankungen (chronische Hepatitis, primäre biliäre Zirrhose)
  • Bei Darmerkrankungen (M. Whipple, Colitis ulcerosa, M. Crohn)
  • Bei chronischen Herzerkrankungen (Linksherzversagen, Links-rechts-Shunt)
  • Bei chronischen Nierenerkrankungen (Urämie)
  • Bei Kollagenerkrankungen
  • Bei Vaskulitiden
III. Rheumatologische Lungenerkrankungen
  • Systemischer Lupus erythematodes Pleuritis bei 1/3, akute Pneumonitis selten
  • Systemische Sklerose (Sklerodermie) Fibrosierende Alveolitis häufig, SCL 70-Ak
  • Idiopathische entzündliche Myopathien Dermatomyositis, Polymyositis: diffuse ILD in 5–10%, häufig Antisynthetase-Ak
  • Sjögren-Syndrom, IDL in rund 10%, lymphozytäre interstitielle Pneumonie, DD: Lymphom
  • Rheumatoide Arthritis Fibrosierende Alveolitis, hohe Titer von RF, BO
IV. Extrinsische (exogen allergische) Alveolitis

Synonyme: Extrinsische allergische Alveolitis, granulomatous hypersensitivity Pneumonitis Durch Inhalation organischer Stäube, zahlreiche Varianten, am häufigsten:

  • Farmerlunge, Vogelzüchterlunge: Nachweis der Exposition, charakteristische klinische und radiologische Veränderungen, Serum-Präzipitine, akute, subakute und chronische Form V. Histiozytosis X V.a. bei Rauchern, Männern, eher junge Patienten Gewebsinfiltration mit Langerhans-Zellen, Hyperinflation, 5–10mm, manchmal Knochenbeteiligung u./o. Diabetes insipidus
  • Abt-Letterer-Siwe-Syndrom: Kleinkinder (Knochen, Haut, Leber, Lymphknoten und Lunge betroffen)
  • Hand-Schüller-Christian-Syndrom: Knochenzysten, Exophtalmus, Diabetes insipidus
VI. Pulmonale Lymphangioleiomyomatose (LAM)
  • Proliferation von glatten Muskelzellen in allen Teilen der Lunge
  • Typische Radiologie: zystische Destruktion
  • Pneumothoraces in 100%
  • Chylöse Ergüsse in 40%
  • Hämoptysen in 30%
  • Intraabdominelle Angiomyolipome

Die Lymphangioleiomyomatose ist eine seltene Erkrankung unklarer Ursache, die mit einer progressiven Proliferation der glatten Muskulatur in den Lymphgefässen einhergeht und ausschliesslich Frauen betrifft. Im Röntgenbild des Thorax zeigt sich eine interstitielle Lungenerkrankung. Dieser Eindruck entsteht durch Überlagerung zahlreicher kleiner Parenchymzysten, dem charakteristischen Merkmal der Lymphangioleiomyomatose im Computertomogramm. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung gibt es nur wenige grosse Studien. Eine Arbeitsgruppe vom „National Heart, Lung, and Blood Institute“ in Bethesda hat nun bei 39 Frauen mit Lymphangioleiomyomatose die Befunde bildgebender Verfahren mit den Ergebnissen der Lungenfunktionsdiagnostik verglichen (Radiology 2000; 214: 441–446).

Die 39 Studienteilnehmerinnen waren im Mittel 42 ± 9 Jahre alt (Bereich 23 – 54 Jahre). Hinweise auf eine tuberöse Sklerose fanden sich in keinem Fall. Seit der Diagnosestellung waren im Durchschnitt 4,0 ± 3,5 Jahre (1 Monat bis 15,5 Jahre) vergangen. Die Diagnose war in 34 Fällen histologisch gesichert worden; bei den übrigen 5 Patientinnen beruhte sie auf den klassischen klinischen und computertomogaphischen Merkmalen der Erkrankung. Bei jeder Patientin wurden innerhalb von 5 Tagen folgende Untersuchungen durchgeführt: Ventilations-Perfusions-Szintigraphie, Röntgenbild des Thorax in 2 Ebenen, konventionelle und Dünnschicht-Computertomographie (CT) sowie eine Lungenfunktionsprüfung. Die jeweilige Untersuchung wurde in Unkenntnis der Ergebnisse der anderen Verfahren ausgewertet.

CT als sensitivstes Verfahren

Pathologische Befunde ergaben sich bei allen CT- und Dünnschicht-CT-Untersuchungen (je 100%), bei je 92% der Ventilations- und Perfusions-Szintigramme sowie bei 79% der Röntgenaufnahmen. Herausragendes Merkmal waren Lungenzysten im CT, die bei 28 Patientinnen (72%) zu einem fleckförmigen Muster im Ventilations-Szintigramm führten. Das Ausmass der pathologischen Veränderungen in allen bildgebenden Verfahren korrelierte negativ mit der Höhe der Sekundenkapazität (FEV1), der Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid (DLCO) und dem Quotienten aus FEV1 und totaler Lungenkapazität (p < 0,01), nicht aber mit forcierter Vitalkapazität und totaler Lungenkapazität. Die Grösse der Lungenzysten schwankte von Fall zu Fall und korrelierte nicht signifikant mit der Ausdehnung der Erkrankung im CT. Allerdings gingen grosse Zysten mit schwereren pathologsichen Veränderungen im Szintigramm einher.

Diese Studie hat bestätigt, dass die Computertomographie das sensitivste Verfahren in der bildgebenden Diagnostik der pulmonalen Lymphangioleiomyomatose ist. Bei 36 der 39 Patienten zeigten sich im CT Zysten, die im Röntgenbild des Thorax nicht sichtbar gewesen waren (< 1 cm Durchmesser). Das fleckförmige Muster im Ventilationsszintigramm ist bei stärkerer Ausprägung sehr charakteristisch; die tatsächliche Spezifität für die Lymphangioleiomyomatose wurde allerdings bislang nicht überprüft. Ähnliche Befunde wurden bei der zystischen Fibrose und anderen zystischen Lungenerkrankungen beschrieben. Wie die Autoren zeigen konnten, korrelieren die Befunde aller bildgebender Verfahren mit der Beeinträchtigung bestimmter Lungenfunktionsparameter.

VII. Organisierende Pneumonie

Kryptogene organisierende Pneumonie (COP), Bronchitis obliterans mit organisierender Pneumonie (BOOP)

  • Intraalveoläre Organisation mit Fibrose
  • Obliteration der distalen Bronchien
  • Fleckige alveoläre Infiltrate
  • Fieber und systemische Symptome
  • Dauer <3Monate
  • Akute und chronische Form
VIII. Eosinophile Lungenerkrankungen
  • Unbekannte Ursachen
    • Einfache pulmonale Eosinophilie
    • Akute eosinophile Pneumonie
    • Chronische (kryptogene) eosinophile Pneumonie
    • Hypereosinophiles Syndrom (Periphere Eosinophilie, Herzbeteiligung)
    • Churg-Strauss-Syndrom
  • Bekannte Ursachen
  • Parasitäre Infektionen (Filariasis)
  • Medikamentös induzierte pulmonale Eosinophilie
  • Allergische bronchopulmonale Aspergillose
IX. Pulmonale Vaskulitiden
  • Wegener’sche Granulomatose: Befall der oberen Luftwege, Lunge, Niere, Augen; c-ANCA in 80–90% positiv
  • Churg-Strauss-Syndrom: Asthma, allergische Rhinitis, Lungeninfiltrate, systemische Vaskulitis (dermatologische, kardiale, gastroenterologische, neurologische Manifestation)
  • Polyangiitis: Diffuse Blutungen, Glomerulonephritis, häufig p-ANCA positiv
X. Sarkoidose
  • Multisystemische granulomatöse Erkrankung
  • Grosse Bandbreite von Symptomen: „The great mimicker“
  • Grosse Unterschiede in der Prävalenz
  • Erythema nodosum, bronchohiläre Adenitis, Uveitis, Allgemeinsymptome (Löfgren-Syndrom)
  • Stadien 1–3, Beteiligung von Augen, Haut, Leber, Speicheldrüsen, Nervensystem und Herz

Die Sarkoidose ist eine seltene entzündliche Erkrankung, die typischerweise die Lungen angreift, aber auch alle andere Organe wie Haut, Augen, Knochen, Lymphknoten, Herz, Milz, Leber, Bauchspeicheldrüse und Nervensystem befallen kann. Es wird ein Zusammenhang mit genetischen Faktoren und Umweltfaktoren untersucht. Nur jeder zweite Betroffene leidet unter Beschwerden, die dann vom jeweils betroffenen Organ abhängig sind

Die Ursache der Erkrankung ist unbekannt. Sie tritt üblicherweise im Alter zwischen 15 und 40 Jahren auf. Am häufigsten erkranken Schweden, Schwarze in den USA und Isländer. Lehrbüchern zufolge erkranken in Deutschland jährlich 8.000 bis 10.000 Personen neu an einer Sarkoidose. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

XI. Idiopathische pulmonale Fibrose

Neue Einteilung nach Katzenstein und Myers

  • UIP=Usual interstitial Pneumonia
  • DIP/RBILD=Desquamive interstitial Pneumonia/respiratory Bronchiolitis associated ILD
  • AIP=Acute interstitial Pneumonia
  • NSIP/F=Nonspecific interstitial Pneumonia/Fibrosis
Klassifizierung und Diagnostik

Weil die Gruppe der interstitiellen Lungenerkrankungen so viele unterschiedliche Erkrankungen umfasst, ist es auch heute noch schwierig, sie nach logisch schlüssigen Gesichtspunkten zu klassifizieren. Bevor auf die heute gültige Systematik eingegangen wird, soll kurz die Entwicklung unserer Erkenntnisse umrissen werden.
Das erste Konzept einer idiopathischen Form von ILD als einer distinkten Erkrankung wird in der Regel Hamman und Rich zugeschrieben.
Diese Autoren beschrieben einige Fälle, die sehr rasch progressiv verlaufen sind, von denen man aber jetzt glaubt, dass sie sich bezüglich ihrer Pathologie nicht von einer mehr allgemeinen Kategorie unterscheiden, die man etwas später als idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) oder kryptogene fibrosierende Alveolitis bezeichnet hat. Sehr bald wurde klar, dass ausser der idiopathischen Form (IPF) eine Vielzahl von Erkrankungen zu einer ganz ähnlichen diffusen interstitiellen Fibrose führen können.
In den 60er und 70er Jahren wurden grössere Anstrengungen unternommen, die histologischen Varianten der interstitiellen ungenerkrankungen zu klassifizieren. Beispielhaft sind die morphologischen Analysen von Liebow und Scadding.
Scadding verwendete die Bezeichnung „Alveolitis“, Liebow wählte den Terminus „interstitielle Pneumonie“. Beide wollten auf die signifikante entzündliche Komponente hinweisen. Liebow identifizierte fünf unterschiedliche Kategorien der interstitiellen

Pneumonie (IP):
  • „Usual interstitial pneumonitis“ (UIP)
  • Desquamative interstitial pneumonitis (DIP)
  • Lymphocytic interstitial pneumonitis (LIP)
  • Giant cell interstitial pneumonitis (GIP)
  • Bronchiolitis obliterans + organisierende Pneumonie (BOOP)

Von diesen fünf Kategorien wurde später die desquamative Form als jene identifiziert, die am besten auf Steroide anspricht, die LIP und GIP wurden wieder fallen gelassen, weil sie jetzt zu den lymphoproliferativen Erkrankungen bzw. zu den Hartmetall-Pneumokoniosen gerechnet werden.
In den 70er und 80er Jahren wurden neue Techniken zum Studium der Lungenpathologie entwickelt, insbesondere die bronchioalveoläre Lavage (BAL), mit deren Hilfe die alveolären Zellen und die Alveolarflüssigkeit von Patienten mit DIF (Desquamativer interstitieller Fibrose) analysiert werden konnten.
Eine weitere Entwicklung war die Erkenntnis, dass auch das Adult respiratory distress syndrome (ARDS) eine Ursache für DIF sein kann.
Schliesslich wurden auch etliche Tierversuchsmodelle entwickelt, in denen die Entwicklung der Lungenfibrose durch künstliche Lungenschädigung (z.B. durch Oxydantien wie O2-Metaboliten und Proteasen aus Leukozyten) hervorgerufen wurde.
Diese Fortschritte an der immunologischen und zellbiologischen Front haben zu einem Konzept geführt, das die ILD als eine stereotype Antwort auf eine Vielfalt von Schädigungen der Lunge begreift mit dem gemeinsamen Nenner Entzündung und Fibrose. Allerdings ist auch klar geworden, dass die Fibrose nicht auf das Interstitium beschränkt ist. Viele fibrosierende ILD sind nicht nur interstitiell, sondern auch intraalveolär.
Deshalb wird von einigen Autoren der Begriff infiltrative Lungenveränderungen oder parenchymatöse Lungenerkrankungen für besser gehalten. Die meisten Autoren haben allerdings den Terminus „Interstitial Lung Disorders“ (ILD) akzeptiert.
Mit zunehmenden Kenntnissen wurde klar, dass interstitielle (granulomatöse und fibrosierende) Veränderungen bei einer Vielzahl von entzündlichen, immunologischen, malignen und anderen Formen von systemischen Erkrankungen vorkommen können.
Die verschiedenen Erkrankungsgruppen sind in Form einer Liste (1) dargestellt. Zwischen den Untergruppen kann es fallweise Überlagerungen geben, da manche Erkrankungen nach unterschiedlichen Gesichtspunkten zugeordnet werden können (z.B. Kollagen- oder rheumatische Erkrankungen). In der Liste sind schlagwortartig einige pathognomonische Merkmale (Symptome, Labortests, spezifische Veränderungen in bildgebenden Verfahren) angeführt, die differenzialdiagnostisch verwertet werden können.
Idiopathische pulmonale Fibrose (IPF) Mit der idiopathischen Fibrose (IPF) haben sich in letzter Zeit zahlreiche Untersucher auseinander gesetzt. Katzenstein und Myers schlugen 1998 vor, dass zur Kategorie IPF-UIP, welche die häufigste IPF ist, noch die beiden Entitäten AIP (=diffuser alveolärer Schaden) unbekannter Ätiologie und NSIP (=nonspecific interstital pneumonia) hinzugefügt werden.
Die spezifischen Eigenschaften der UIP und die Unterschiede zur AIP und vor allem zur NSIP wurden besser definiert. Der Hauptgrund für diese Unterscheidung war wiederum die unterschiedliche Prognose. Die mediane Überlebenszeit der jetzt genau definierten UIP-IPF ist 2,8 Jahre, während sie in früheren Studien, welche Fälle mit NSIP oder DIP einschlossen, rund fünf Jahre betrug.
Im Jahr 2000 wurden von der American Thoracic Society (ATS), der European Respiratory Society (ERS) und der American College of Chest Physicians (ACCP) gemeinsame Richtlinien entwickelt und publiziert, welche diese neuen Entwicklungen berücksichtigen. Diese Richtlinien basieren allerdings fast ausschliesslich auf den Meinungen von Expertenkommissionen und werden nicht durch gut durchgeführte randomisierte kontrollierte Studien gestützt.
Die UIP-IPF als häufigste Form der IPF wird dabei durch ihr spezifisches histopathologisches Muster definiert. Andere derartige Muster (wie DIP, NSIP, AIP und BOOP) müssen vor allem deshalb von der UIP abgegrenzt werden, weil sie eine deutlich bessere Prognose haben und in der Regel auf die herkömmliche Therapie mit Korticosteroiden besser ansprechen.
Für die Diagnostik wurden Haupt- und Nebenkriterien festgelegt

Hauptkriterien der UIP-IFP

1. Ausschluss anderer ILD mit bekannten Ursachen
2. Pathologische Lungenfunktion (Restriktion und Gaswechselstörung)
3. Retikuläre Veränderungen im HR-CT in den Lungenbasen
4. TBB oder BAL zeigen keine alternative Diagnose

Nebenkriterien der UIP-IFP

1. Alter >50 Jahre
2. Schleichend beginnende Belastungsdyspnoe ohne andere Erklärung
3. Erkrankungsdauer mindestens drei Monate
4. Inspiratorisches Knisterrasseln beidseits basal

Aus den diagnostischen Kriterien ergibt sich, dass neben einer ausführlichen Anamnese und klinischen Untersuchung, der Durchführung einer Lungenfunktionsuntersuchung und Blutgasanalyse sowie eines Thorax-Röntgens auch die hochauflösende Computertomographie der Lunge (HR-CT) zum unverzichtbaren diagnostischen Repertoire gehört.
Für alle Patienten, bei denen keine Kontraindikation besteht, wird ausserdem die chirurgische Lungenbiopsie (offen oder über Video-assistierte Thorakotomie) empfohlen. Wenn dies nicht möglich ist oder der Patient nicht zustimmt, kann als zwar hilfreiche, aber nicht ausreichend spezifische Untersuchung die transbronchiale Lungenbiopsie oder die bronchioalveoläre Lavage herangezogen werden.

Pathogenese der IPF

Man nimmt heute an, dass sich die Erkrankung als Folge zahlreicher mikroskopischer Schädigungsherde im Laufe mehrerer Jahre entwickelt. In diesen Herden kommt es zur Fibroblastenproliferation und Kollagenablagerung.
Über die auslösenden Ursachen dieser Schädigungsherde gibt es nur Vermutungen. Als spekulative Möglichkeiten werden Viren, genetische Faktoren und Umwelteinflüsse genannt.
In den Herden kommt es zu einer Entzündungsreaktion mit Epithel- und Endothelzellschädigung und zu einer immunologischen Reaktion, die hauptsächlich vom TH2-Typ ist. Das zentrale, von den TH2-Zellen stimulierte Zytokin dürfte TGF-β sein, wofür es in allen Zellen der Lunge Oberflächenrezeptoren gibt. TGF-β ist ein stark fibrogenes Zytokin, das bei allen fibrosierenden Prozessen erhöht ist. Der primäre Ort dieser Interaktion von Zytokinen mit den Strukturmolekülen ist die extrazelluläre Matrix. Sie ist sozusagen das Faserskelett der Lunge, und ihre Molekularstruktur, bestehend aus Kollagen, Elastin und Proteoglykanen, ist zwischen der endothelialen und epithelialen Basalmembran lokalisiert.
Die ursprünglichen Destruktionsprozesse führen zur Entstehung von Matrix-Fragmenten, die mesenchymale Zellen anlocken, die sofort mit der Produktion neuer Matrix-Substanz beginnen. Diese Matrix ist aber nicht inert, und es kommt zu vielfältigen Interaktionen zwischen der Matrix und verschiedenen Zellen (vermutlich durch Adhäsionsmoleküle) und in der Folge zur Expression von Zytokinen. Die Reparaturprozesse sind in ihrer Effizienz abhängig von der Synthese-Balance zwischen fibrogenen und antifibrogenen Zytokinen.
Neben dem bereits erwähnten fibrogenen Zytokin TGF-beta sind auch die proinflammatorischen Zytokine IL-1beta und TNF-alpha von Bedeutung, die eine Kollagen- und Fibronectin-Expression induzieren. Um das Gewebe vor fibrosierenden Prozessen zu schützen, gibt es Matrix-abbauende Enzyme, die Matrix-Metalloproteinasen (MMP). Diese werden wieder durch eigene Induktoren, die Tissue Inhibitor Matrix Metallo-Proteinasen (TIMP), gehemmt. Alle erwähnten komplexen Interaktionen sind potenzielle Ansatzpunkte für therapeutische Substanzen.

Therapie der idiopathischen pulmonalen Fibrose

Kortikosteroide

Die einzige bisher mit sehr limitiertem Erfolg angewendete Therapie besteht in der Gabe von Korticosteroiden, die in Dosen von 20-40mg Prednisolon-Äquivalent bei zehn bis 30% der Patienten zu einer meist nur passageren Besserung führt.
Studien, bei denen Prednisolon mit Cyclosporin, Colchizin und D-Penicillinamin kombiniert wurde, zeigten keine besseren Ergebnisse.

Interferone

Es wurde klar, dass neben der entzündungshemmenden und immunsuppressiven Wirkung auch ein antifibrotischer Effekt notwendig ist, um diesen Krankheitsprozess zu beeinflussen.
Als mögliche Kandidaten kommen die Interferone (IFN) in Betracht. Von IFN-beta und IFN-gamma ist bekannt, dass sie die Kollagen-Produktion und Fibroblasten-Proliferation hemmen.
IFN-gamma vermindert auch die Kollagen-Synthese und Gen-Expression in Lungenfibroblasten bei menschlicher IPF.
Eine multizentrische Phase-II-Studie mit IFN beta-1a (Avonex®) bei Patienten mit IPF 1999 hat im Vergleich zu Placebo leider keine signifikanten Effekte nach zwölf Monaten gezeigt, weder was die Lungenfunktion noch was die Todesrate betrifft.Viel Aufsehen hat die offene prospektive kontrollierte und randomisierte Studie von Ziesche R. et al. (N Engl J Med 1999; 341: 1264–9) erregt, bei der an Patienten mit IPF nach zwölf Monaten Gabe von IFN-gamma plus niedrig dosiertem Prednisolon eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion gefunden wurde.
Weil diese Ergebnisse so viel versprechend sind, wurde 2000 eine internationale Multicenter-Studie mit IFN-gamma bei IPF begonnen, deren Auswertung bis Dezember 2002 geplant ist.

Andere Substanzen

Auch andere Substanzen werden derzeit geprüft. Dazu gehören Pirfenidone, ein Antagonist von TGF-beta und Hemmer der Fibroblastenproliferation, das Protein Relaxin, das die TGF-beta stimulierte Kollagen- und Fibroblasten-Synthese hemmt und die Expression der Procollagenase (Matrix-Metalloproteinase 1 = MMP-1) erhöht, das Leukotrien LTB4 und das Prostaglandin PGE-2, die COX2-Inhibitoren (Antirheumatika), Endothelin-1 und schliesslich N-Acetylcystein, ein starkes Antioxydans, das die Epithelzellen der Lunge schützt.
Adäquat durchgeführte klinische Studien erfordern es allerdings, dass wegen der geringen Prävalenz der Erkrankungen sich viele Zentren beteiligen und dass sowohl die angewendeten diagnostischen Kriterien als auch die Erfolgsvariablen einheitlich sind. Die Entwicklung einer wirksamen Therapie für IPF innerhalb der nächsten Jahre kann als durchaus realistisch eingeschätzt werden.

Lungentransplantion

Für alle Patienten, die nicht auf Pharmakotherapie reagieren, ist die Lungentransplantation eine therapeutische Option.
Wenn man die rasche Progredienz und hohe Mortalität der Erkrankung berücksichtigt, sollten die Patienten möglichst früh einem Transplantationszentrum zugewiesen werden.
Die derzeit gültigen Kriterien für die Aufnahme in die Warteliste zur Transplantation sind Alter unter 65 Jahren, VC und Diffusionskapazität für CO unter 50% der Norm, Ruhehypoxämie und pulmonale Hypertension. Die bevorzugte Prozedur ist die Transplantation einer Lunge mit 1-, 3- und 5-Jahres-Überlebensraten von etwa 80, 70 und 55%, was unter Berücksichtigung der ungünstigen Prognose dieser Patienten eine akzeptable Möglichkeit ist.

Medikamentengruppen, die zu interstitiellen Lungenveränderungen führen können (Liste 2)
  • Zytostatika, insbesondere die zytotoxischen Antibiotika wie Bleomycin und Mitomycin, aber auch Alkylantien wie Cyclophosphamid und Busulfan sowie Antimetaboliten wie Carmustine.
  • Interleukin-2 führt häufig zu toxischen pulmonalen Infiltraten, die aber meist nach dem Absetzen der Substanz reversibel sind.
  • Antiarrhythmika mit pulmonaler Toxizität sind vor allem Amiodarone mit einer Inzidenz von rund 5% und Procainamid bei langer Einnahme.
  • Antibiotika können zu pulmonalen Infiltraten mit Eosinophilie (PIE-Syndrom) führen. Das Syndrom wurde nach Betalaktam-Antibiotika, Sulfonamiden, Tetrazyklinen, Erythromycin und Nitrofurantoin sowie bei
  • Antimalaria-Mitteln und
  • Tuberkulostatika beschrieben.
  • Antikonvulsiva wie Diphenylhydantoin und Carbamazepin und
  • antiinflammatorische Substanzen wie Aspirin in höheren Dosen und nichtsteroidale Antirheumatika können Hypersensibilitätsreaktionen mit interstitiellen Infiltraten hervorrufen.
[@uelle / Von Univ.-Prof. Dr.Werner Schlick]
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