Information zu meiner Person:
Bruno Bosshard
PPH Diagnose im Jahr 1998 erhalten (Lungenhochdruck)
Seit Januar 2000 Lungentransplantiert
Mein zweites Leben:
Die ersten Anzeichen für eine Erkrankung hatte ich schon im Jahr 1996 die sich mit nachlassender Leistungsfähigkeit zeigten. Die Schuld wurde dem Stress im Alltag zugesprochen. Im Jahr 1998 war ich 41 Jahre alt und wohnte mit meiner Frau und unseren drei Kinder in Zürich, dort wo alles begann und auch der Start für mein zweites Leben sein sollte.
Am 13. März 1998 nach einem guten Nachtessen mit meiner Familie bekam ich nach einem kurzen Sprint auf einer Strasse mit leichter Steigung keine Luft und wurde bewusstlos. Nach ca. 3 Minuten, als ich wieder zu mir kam, versuchte ich aufzustehen und wurde gleich wieder bewusstlos. Ein dritter Versuch scheiterte ebenfalls. Meine Familie organisierte darauf sofort einen Notfallwagen, der mich ins nahe gelegene Triemlispital der Stadt Zürich einlieferte.
Auf der Notfallstation wurden einige Tests durchgeführt. ( EKG, Röntgen, Belastungs- EKG, Ultraschall und diverse Blutuntersuchungen ). Das Ergebnis nach diesen Untersuchungen ergab keinen speziellen Befund.
Am 02. Mai 1998 bei einem Wochenendurlaub in Hamburg wurde ich nach einer kleinen Anstrengung erneut bewusstlos. Nach meiner Rückkehr meldete ich mich umgehend bei meinem Hausarzt. Bei einem Belastungs- EKG wurde ich nochmals bewusstlos. Mein Hausarzt überwies mich an einen Herzspezialisten, für die weiteren Abklärungen. Dort wurde nochmals ein EKG, Ultraschall, diverse Bluttests und ein 24 Stunden EKG durchgeführt.
Ein im Bethanien Spital durchgeführte Lungen Szintigraphie und ein Belastungs- EKG ergaben keine neuen Erkenntnisse. Da ich kaum noch Treppensteigen konnte, überwies mich der Herzspezialist ins Triemlispital für eine Herzkatheteruntersuchung. Dort wurde erneut alles nochmals kontrolliert. Ein Herzkatheter, eine Spiraltomographie der Lunge sowie ein Ultraschalluntersuch brachten auch nichts Neues an den Tag. Das Einzige was festgestellt wurde, ist eine Vergrösserung der rechten Herzkammer und einen erhöhten pulmonalarteriellen Druck.
Für eine spezielle Untersuchung wurde ich am 02. Mai 1998 ins Unispital der Stadt Zürich überwiesen. Bei dieser Untersuchung mit einem Herz-Lungenkatheter, konnte man einen erhöhten Druck von 95mmHg in den Pulmonalarterien feststellen. Bei gleichzeitiger Inhalation mit einem Prostazyklin-Anologon, konnte eine Reduktion des Druckes erzielt werden. Auf Grund dieser Messungen wurde mir die Diagnose „Primäre pulmonale Hypertonie (PPH)“ gestellt. Diese Diagnose war wie ein Schlag ins Gesicht. Sollte ich doch ab sofort keinerlei Sport oder Tätigkeiten mit grösserer Anstrengung betreiben können.
Konnte ich doch bis jetzt alle meine sportlichen Tätigkeiten ohne Probleme betreiben. Ich merkte aber schon schnell selbst, dass ich keine Leistung mehr erbringen konnte. Treppen oder eine Strasse mit leichter Steigung konnte ich nur noch mit grosser Mühe bewältigen. Meine bisherige Arbeit konnte ich auch nicht mehr voll ausüben. Durch diese Krankheit konnte ich nur noch maximal 50% arbeiten. Mein Arbeitgeber bot mir eine Tätigkeit als PC- Supporter an, bei der ich keiner grösseren Belastung ausgesetzt wurde. Nach einem halben Jahr musste ich aber auch mit dieser Arbeit aufhören.
Ab meiner Entlassung aus dem Universitätsspital begann ich mit der Therapie der schweren pulmonalen arteriellen Hypertonie.
Damals gab es noch keine Medikamente mit Zulassung. Wir mussten uns einen Anwalt nehmen damit die hohen Kosten von der Krankenkasse übernommen wurden. In dieser Zeit lernte ich Bruno Kopp vom Deutschen PH-Verein übers Internet kennen, der auch mit den dazumal futuristischen Inhaliergeräten seine Therapie machte. Ich konnte bei ihm solches Material bestellen, da es diese speziellen Geräte in der Schweiz nicht gab.
Durch die Inhalation mit dem Prostazyklin-Anologon Ilomedin konnte sowohl der Druck als auch der Widerstand in den Pulmonalarterien leicht gesenkt werden. Gleichzeitig stieg auch das Herzzeitvolumen, wodurch eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht wurde. Im Laufe der nächsten 1 ½ Jahre wurde mein Allgemeinzustand aber immer leicht schlechter. In dieser Zeit hatte ich einige Ohnmachtsanfälle, bei denen ich aber immer grosses Glück hatte. Nur einmal mussten wir einen Notarzt herbeirufen, da wir bei einer Blutung nicht abschätzen konnten, ob wir sie selbst stillen konnten. Mitte 1999 hatte ich einen Ohnmachtsanfall, wobei sich mein Ruhepuls von 160 nicht mehr senkte. Ich wurde mit dem Notfalltransport ins Triemlispital eingeliefert, wobei ein Vorhoffllimmern der Herzkammer diagnostiziert wurde. Man konnte den normalen Herzrhythmus mit einer elektrischen Kardioversion (Elektroschock) und anschliessend mit Amiodaron wiederherstellen.
Seit dieser Zeit verschlechterte sich mein Allgemeinzustand immer mehr. Als mir meine Lebensqualität nicht mehr ausreichte, beschlossen wir in der Familie, dass ich mich für eine Lungentransplantation anmelden sollte.
Nach einer zweiwöchigen Generaluntersuchung wurde ich am 19. November 1999 auf die Transplantationsliste aufgenommen. Mit einem Pager bewaffnet konnte ich anschliessend wieder nach Hause. Im neuen Jahr hatte ich erneut einen Ohnmachtsanfall, wobei, sich mein Zustand nochmals zusehends verschlechterte. Konnte ich doch kaum mehr als 20 Meter zu Fuss gehen. Die tägliche Körperpflege konnte ich nur noch unter grösser Anstrengung bewältigen. Nur durch den grossen Einsatz und die Unterstützung meiner Familie blieb ich in guter Hoffnung.
Am 18. Januar 2000 erhielt ich den erlösenden Anruf der Koordinationsstelle, dass eine passende Lunge für mich gefunden wurde. Innerhalb einer Stunde standen wir in der Notaufnahme des Universitätsspitals. Am 19. Januar um 01.00 Uhr wurde ich in den OP geschoben.
„Die heikle und komplexe Lungentransplantation ist oft die einzige noch mögliche Therapieform, die eine Besserung verspricht.“
Das Team: PD Dr. R. Speich, R. Naef, Koordinatorin, Dr. A. Boehler, Oberärztin und Prof. Dr. W. Weder (v.l.n.r.).
In einer sechsstündigen Operation wurde mir die komplette Lunge ausgetauscht.
Am gleichen Tag um 21 Uhr konnte ich schon mit meiner Frau telefonieren. Nach dem dritten Tag wurde ich auf die normale Station verlegt. Der problemlose Eingriff und die sehr gute Genesung ermöglichten es, dass ich schon nach drei Wochen Spitalaufenthalt nach Hause gehen konnte.
Nun begann für uns alle ein neuer Lebensabschnitt. Die enorme Belastung für meine Familie wurde dadurch einiges kleiner. Für mich selbst begann ein neues Leben. Konnte ich doch gleich wieder einige Treppen steigen und grössere Distanzen zu Fuss gehen. Natürlich hatte ich nach zwei Jahren Untätigkeit keine Kondition mehr. Langsam musste diese durch Spaziergänge und Standradfahren wieder aufgebaut werden.
Nach der Transplantation musste ich jede 1-2 Wochen zur ambulanten Kontrolle ins Universitätsspital gehen. Im ersten halben Jahr wurde einmal pro Monat eine Biopsie der Lunge durchgeführt, wodurch man eine entstehende Abstossreaktion frühzeitig feststellen kann. Bei der zweiten und dritten Untersuchung hatte ich auch eine kleine Abstossung, die man mit entsprechenden Medikamenten behandeln konnte. Die nächsten Untersuchungen waren alle in Ordnung.
Nach der Transplantation muss man ein Leben lang immunsuppressive Medikamente einnehmen. Aufgrund der Immunsuppression wird man auch anfälliger auf Infektionskrankheiten, deshalb kommen noch einige andere Medikamente dazu. Die regelmässige Einnahme der Medikamente und das tägliche Überwachen der Lungenfunktionen sind eine Grundvoraussetzung für einen guten Gesundheitszustand.
Inzwischen trainiere ich zweimal pro Woche im Universitätsspital, um meine Kraft, Ausdauer und Muskelkoordination zu verbessern. Ca. alle 6 Wochen muss ich nun noch zur Kontrolle ins UniSpital. Dabei werden diverse Blutuntersuchungen und eine grosse Lungenfunktion durchgeführt. Anschliessend wir man noch von Kopf bis Fuss genaustens durch den zuständigen Pneumologen untersucht. Sollte sich dabei nur das kleinste Zeichen einer Infektion oder sonstiger Unregelmässigkeit bemerkbar machen, muss dies zusätzlich überprüft und wenn nötig mit entsprechenden Medikamenten oder Therapie behandelt werden.
Unter den transplantierten Lungen-Patienten hat sich inzwischen schon ein sehr gutes Verhältnis aufgebaut. Jeden Monat treffen wir uns im UniSpital zu einer Weiterbildungsveranstaltung, bei der jedes Mal ein von uns ausgewähltes Thema von den Ärzten vorgetragen wird. Der gegenseitige Austausch von Informationen kommt sowohl uns Patienten als auch dem Spital zugute.
Da es in der Schweiz praktisch weder private Anlaufstelle noch Informationsquellen zur pulmonalen Hypertonie gab, entschloss ich mich, meine Erfahrungen allen Betroffenen zur Verfügung zu stellen.
1998 suchte ich Kontakt zu anderen Patienten in der Schweiz mit pulmonaler Hypertonie und ich konnte zwei Treffen organisieren, bei denen wir uns gegenseitig aussprechen konnten. Leider konnten wir diese nicht weiterführen, da es den meisten Betroffenen gesundheitlich nicht mehr möglich war, an einem Treffen ausserhalb ihres Wohnortes teilzunehmen.
Da aber der Wunsch zur Kommunikation von allen doch sehr gross war, registrierte ich mich im Februar 2000 als PPH-Selbsthilfegruppe Schweiz (SPHV) und erstellte eine Webseite unter (lungenhochdruck.ch).
Auf meiner Webseite lungenhochdruck.ch versuche ich allen Betroffenen und interessierten Personen, eine Plattform für Informationen und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme zu bieten. Persönliche Beiträge von Patienten, Angehörigen und Ärzten vermitteln so ein breites Wissen über diese Krankheit. Spezielle Termine von Veranstaltungen zum Thema pulmonale Hypertonie, sowie Links zu anderen Webseiten runden das Ganze ab.
Da eine optimale Versorgung von Patienten mit PH von einer frühzeitigen Diagnose und Therapieeinleitung abhängig ist, versuche ich mit anderen gleichgerichteten Organisationen in Europa, Hausärzte über dieses Krankheitsbild zu informieren und Ihnen einen Leitfaden zur Diagnostik zur Verfügung zu stellen.
Ende August 2001 startete ich mit einer Mailing-Aktion, bei der ca. 6500 Briefe, diversen Lungenfachärzten in der Schweiz zugestellt wurden. Diejenigen Ärzte, die noch zusätzliche Unterlagen zum Krankheitsbild der PH wünschten, konnten sich anschliessend bei mir melden. Das Interesse war recht gross, denn über 200 ca. 3% bestellten den Diagnostikleitfaden und zusätzliche Unterlagen über dieses Krankheitsbild.
Ich hoffe, dass es mit dieser Aktion und weiterer Präsenz im Internet und Publikationen in anderen Medien zu einer Verbesserung und schnelleren Diagnose kommen wird.
Im September 2003 wurde der ESC (Europäischer Ärzte Kongress) in Wien durchgeführt. Alle bestehenden europäischen PH-Vereine waren mit mindestens einer Person an einem Stand vertreten. Wir konnten so die anwesenden Ärzte zum Thema Lungenhochdruck informieren. Das Interesse war sehr hoch und es gab sehr gute Gespräche. An diesem Anlass wurde auch der PH-Europe gegründet. Wir waren also eines der Gründungsmitglieder.
Im Jahr 2002 erstellte ich noch eine zusätzliche Webseite (lungen-transplantation.ch), die sich hauptsächlich mit dem Thema der Lungentransplantation beschäftigt. Auch mit dieser Seite versuche ich Patienten und Angehörigen entsprechende Informationen zu vermitteln.
Ende 2004 wurde daraus der schweizerische Verein der Lungentransplantierten „NOVARIA“ gegründet. Die Webseite (lungen-transplantation.ch) ist nun über (novaria.ch) zu erreichen.
Vor und nach der Operation tritt für Betroffene und deren Angehörige eine Vielzahl von Fragen und Problemen auf.
Um deren Beantwortung und Bewältigung kümmert sich NOVARIA in enger Zusammenarbeit mit den Transplantationszentren und medizinischen Fachbeiräten. Der Verein bietet Patienten vor und nach der Operation Gespräche an – auch im Krankenhaus. Kontakte zu Betroffenen mit gleicher Grunderkrankung werden vermittelt, der Erfahrungsaustausch mit Angehörigen und Betroffenen wird gefördert.
Der Verein engagiert sich in der Aufklärung zur Organspende.
2010
Am 15.01.2010 haben wir in Olten den „Schweizer PH-Verein für Menschen mit pulmonaler Hypertonie / SPHV“ gegründet (lungenhochruck.ch).
2022
Seit der Transplantation sind nun schon über 22 Jahre vergangen, ich gehöre jetzt zu den Langzeitüberlebenden.
Sollten Sie also auch Fragen zu diesen Themen haben, schauen sie sich dort einfach einmal um oder melden sich bei mir.
2024
Nach langer Krankheit und den vielen Auf und Abs hatte der Körper keine Kraft mehr für eine Re-Transplantation. Bruno war bis zum Schluss kämpferisch und hat stets nach Lösungen gesucht um seine schwindenden Kräfte und Verschlechterung der Lungenfunktion zu kompensieren. Von den Hilfsmittel wie Krücken bis zum Elektro-Rollstuhl hatte er immer noch den letzten Funken Hoffnung. Bruno ist am 02.06.2024 friedlich eingeschlafen.
An dieser Stelle sagen wir mit grösstem Respekt «Danke Bruno» und wünschen der Familie ganz viel Kraft.
Copyright ©
Bild: Universitätsspital Zürich | Text: Bruno Bosshard bis 2023 | Text: 2024 Novaria