NAHRUNG AUS DER LUFT

Geören Sie zu jenen Menschen, die hyper ventilieren? Wohl kaum, sagen Sie sich. Was ist das überhaupt? Hyperventilation bedeutet eine im Verhältnis zu den Anforderungen des Körpers gesteigerte Atemtätigkeit. Erkennbar ist sie am schnellen, flachen Atmen oder Hecheln, Dabei saugt man die Luft nicht tief in die Lungen, sondern atmet nur im oberen Brustkorb, wobei die Atemgeschwindigkeit häufigen Schwankungen unterworfen ist. Da nur ein kleiner Teil der Lungenkapazität genutzt wird, führt die Hyperventilation zu einer Veränderung des Kohlendioxyd-Spiegels im Blut. Das kann wiederum Nerven- und Gehirntätigkeit empfindlich stören, Es kommt zu einer Wahrnehmensveränderung, und die Betroffenen sind unfähig zu begreifen, was sie sehen und hören, Oft werden auf diese Weise Panikattacken ausgelöst.
Vielfach erkennen die Ärzte eine unauffällige, gewohnheitsmässige Hyperventilation nicht.
Sie achten nur auf die schweren und offensichtlichen Symptome wie Atemnot und Tetanie ( ein krallenartiger Muskelkrampf in den Händen).
Man schätzt, dass sechs bis elf Prozent aller Patienten von Allgemeinärzten hyperventilieren, was beispielsweise das Bild einer diagnostizierten organischen Erkrankung verfälschen kann.
Die Folgen der Hyperventilation sind vielfältig: „Sie reichen vom leichten Schwindel bzw, dem Gefühl des Danebenseins, der zugeschnürten Kehle und dem aufgeblähten Bauch bis zu starken Schmerzen in der Brust, Panikattacken, dem Gefühl der Unwirklichkeit, Angst, Depression, Muskel- und Gelenkschmerzell“, schreibt Shirley Trickett in ihrem Buch Angstzustände und Panikattacken erfolgreich meistern. Weitere Anzeichen einer Hyperventilation sind Atemnot (man seufzt viel), eine trockene Kehle (Räuspern) oder ein trockener Husten, Herzklopfen Gähnen (der Körper verlangt nach Sauerstoff), Benommenheit und Schwindel, Gefühl einer drohenden Ohnmacht bis hin zu einer tatsächlichen Ohnmacht, Kribbeln an Händen, Füssen und Mund, Schwitzen und Frieren, Schwächegefühl in allen Muskeln, Taubheit, Gummibeine, Störungen des Ham- und Verdauungssystems (saures Aufstossen, Aufgedunsensein, Blähungen, Luftschlucken, Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Reizdarm), Muskelkrämpfe, Schwierigkeiten beim Sprechen (man glaubt. die Zunge sei geschwollen), Gedächtnisschwund oder gar Halluzinationen . Ausserdem hat man festgestellt, dass die Hyperventilation Schwankungen im Säure-Basen-Gleichgewicht im Blut verursacht, die das reibungslose Funktionieren aller Körpetsysteme bei einträchtien können. Wer falsch atmet schwächt seinen Körper auf der ganzen Linie. Viele der Symptome sind identisch mit den Gefühlen, die durch eine Panikattacke ausgeklöst werden. Die Hyperventilation ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, weil wir längst zu einer Nation Hyperventilierer (Trickett) geworden sind.

Es gibt verschiedene Gründe, weshalb Menschen zu flach und hektisch atmen:

  • Wenn man sich ängstigt. Nicht von ungefähr zieht sich die Brust zusammen und man atmet schneller und flacher.
  • Wenn der Brustkorb physisch eingeengt wird. z.B zu enge Kleidung, eine Muskelverspannung, eine verkrampfte Haltung oder gebrochene Rippen.
  • Wenn man Schmerzen leidet.
  • Wenn die Atmung erschwert wird, beispielsweise durch eine Erkältung (verstopfte Nase) oder durch Erkrankungen des Brustraumes ( z. B. Rippenfellentzündung).
  • Wenn die Muskeln des Oberkörpers chronisch verspannt sind, denn auch die Hals- und Schultermuskulatur übernimmt beim Atmen eine wichtige Funktion,
    Wenn man aufgeregt ist oder unter Blähungen leidet.
  • Wenn der Körper zu wenig Vitamin B erhält oder man sich schlecht ernährt (bspw. zuviel Zucker).

Weil die für die Hyperventilation typische Atmung flach ist, kommt es zu einer Abnahme der Kohlendioxydkonzentration im Blut, was viele der oben genannten Symptome auslösen kann. Deshalb hilft es bei akuten Reaktionen, sich im Bett ein Laken über den Kopf zu ziehen oder eine Papiertüte über Nase und Mund zu stülpen und dabei normal zu atmen (Verwenden Sie wegen der Erstickungsgefahr besonders bei Kindern niemals eine Plastiktüte!). Da unsere eigene Atemluft bereits einen höheren Kohlendioxydgehalt aufweist, hilft das wiederholte Einatmen derselben Luft, den Kohlendioxydspiegel im Blut schneller wieder anzuheben.

Die Lungen füllen wie einen Ballon

Hyperventilation, die in den chronischen Fällen immer von Angstzuständen und Depressionen begeiltet ist, kann geheilt werden. Der Shlüssel ist die richtige Atmung.
Konkret geht es darum, die eigene Atmungsfrequenz zu verlangsamen – man muss also länger ausatmen als einatmen.
Die Buchautorin Shirley Trickett präsentiert eine ebenso einfach wie wirkungsvolle Atemübung:
1. Atmen Sie schnell, aber sanft ein ( voerzugsweise durch die Nase) und zählen Sie dabei bis 2 oder 3. Der Atemzug sollte weder tief noch ungeduldig sein. Halten Sie den atem nicht an.
2. Atmen Sie sanft wieder aus ( indem Sie die Kiefer locker lassen) und zählen Sie dabei bis 4 oder 6. Stossen Sie die Luft nicht gewaltsam aus, sie soll einfach hinausströmen.
Sie schreibt weiter: Wenn Sie dies einige Wochen geübt haben, werden Sie in der Lage sein, noch länger auszuatmen; gewöhnen Sie sich einen sanften Rhythmus an:
ein 1,2,3; aus 1,2,3,4,5,6,7,8,9. Überforderm Sie sich dabei nicht, es dauert seine Zeit, bis Sie soweit sind.Mit dieser einfachen Methode – im Yoga heisst sie pranayama – werden Sie schon bald das Gefühl haben, Ihre Atmung kontrollieren zu können. Je zivilisierter die Menschheit geworden ist, desto verkrampfter wurde sie beim Gehen, Sitzen und Stehen. Die typische Bürostuhl-Haltung hochgezogene Schulter, eingesunkene Brust und eine unnatürliche Kopfstellung – verhindert, das wir unsere Lungenkapazität voll ausschöpfen können. Dies ist jedoch im echten Sinn des Wortes lebenswichtig. Über die Luft nehmen wir die feinstoffliche Lebensessenz namens Pranha auf und das Blut wird in der Lunge von den Abfallprodukten unseres Stoffwechsels gesäubert. Wie gründlich das Blut gereinigt werden kann, hängt davon ab. wie gut man atmet.

Man unterscheidet vier Atmungstypen:

  • Schlüsselbein- oder Schulteratmung; Bei dieser flachen Atmung wird lediglich das obere Drittel der Lungen mit Luft gefüllt. Wer so atmet, schädigt sich ganz klar.
  • Rippen- oder Mittelatmung; Diese Atmung ist zwar etwas besser, aber noch nicht gut genug. Es wird nur gut die Hälfte der Lunge mit Luft gefüllt.
  • Bauch- oder Zwerchfellatmung; Die Lunge erhält mehr Raum, um sich auszudehnen. Man kann viel mehr Luft einatmen.
  • Tiefenatmung; Sie ist die beste Art der Atmung:
    sämtliche Atemorgane werden genutzt. Dadurch kommt Bewegung in den gesamtn Brustraum.
    Wenn sich das Zwerchfell ausdehnt und die Rippen nach auáen gedrückt werden, hat die Lunge genügend Platz, ich auszudehnen. Hierbei sind die Muskeln zwischen den Rippen aktiv beteiligt. Werden diese Muskeln nicht betätigt, ist es so. als wolle man einen grossen Ballon in einer kleinen Schachtel aufblasen.

Zur Atemkontrolle kann man sich folgendes merken:
Beim Einatmen hebt sich das Zwerchfell, Bauch und Rippen werden nach aussen gedrückt und die Schultern leicht hochgezogen. Beim Ausatmen sinken die Schultern nach unten und die Rippen zurück. während der Bauch ein- und dann sanft nach oben gezogen wird. so dass die Luft vollstädig entweichen kann.

Das Tor zum Geiste

Bewustes Atmen ist ein uralter spiritueller Weg, den die Eingeweihten aller Hochkulturen gegangen sind. Es schenkt uns nicht nur Gesundheit, sondern öffnet auch die Tore zur geistigen Welt. Der buddhistische Weise Lama Govinda sagte: „Der Atem, von dem die alten Texte sprechen, ist Ausdruck eines dynamischen Erlebnisses jener vitalen Kraft, die mit jedem Atemzug erweckt wird. Sie wirkt sich aus in unserem Blutstrom, verwandelt sich in innere feinere Formen von Energie, sie schafft eine neue Art des Körperbewustseins:.
Atemtherapeut Helmut Sieczka preist in seinem Kleinen Atembuch die Macht des Atems mit einer eindrucksvollen Aufzählung: Bewustes Atmen…

  • hält Körper und Geist gesund
  • aktiviert SeJbstheilungskräfte und unterstützt Heilungsverläufe positiv
  • stärkt die Organe in ihren Aufgaben
  • fördert den Stoffwechsel
  • beschleunigt den Zellaufbau
  • kann Schmerzen zum Abklingen bringen oder gar stillen
  • harmonisiert das Nerven- und Kreislaufsystem
  • versorgt unser Energiesystem mit Lebensenergie und steigert die Vitalität
  • stärkt das Selbstvertrauen und tordert das Selbst bewustsein
  • vereint Körper, Seele und Geist
  • führt uns zu meditativen Erlebnissen
  • bewirkt tiefe innere Ruhe und Gelassenheit
  • schafft einen ruhigen Verstand und stärkt die Klarheit des Geistes
  • steigert Sensibilität und Empfindungsfähigkeit
  • neutralisiert negative Gedanken und Erfahrungen aus der Vergangenheit
  • erweitert unser Bewulstsein
  • erhöht die Wahrnehmungsfähigkeit
  • lässt uns die verschüttete Fähigkeit, natürlich und frei zu atmen, wiederfinden.

Atmen befreit den Geist. Deshalb sprechen wir ja auch von lnspiration. Mit diesem lateinischen Wort bezeichnet man eine Eingebung, doch eigentlich bedeutet es‘ Einhauchung
Der chinesische Philosoph Laotse wusste um dieses schlichte Geheimnis des Lebens: „Da sitzen die Weisen und grübeln über die Rätsel des Seins und das WeItengeheimnis; ich aber atme bewusst…
Doch wie atme ich bewusst? Dies lehrt Helmut Sieczka die Menschen seit über fünfzehn Jahren.

Aufgrund seiner Erfahrung hat er neun Grundregeln für Atemübungen aufgestellt:

1. Nehmen Sie sich Zeit und entspannen Sie sich.
2. Schaffen Sie sich Raum, wo Sie in Ruhe üben können.
3. Machen Sie es sich bequem. Tragen Sie bequeme, leichte Kleidung, Schuhe ausziehen.
4. üben Sie ungestört.
5. Achten Sie auf Ihre innere Haltung. Seien Sie mit ganzem Herzen bei der Sache, erzwingen Sie nichts. Bauen Sie mit Disziplin einen gewissen übungsrhythmus auf.
6. üben Sie sich in Geduld. Wachsen Sie langsam in ihre Atemarbeit hinein und seien Sie rücksichtsvoll zu sich selbst.
7. Gehen Sie in kleinen Schritten. üben Sie nicht zu häufig und zu schnell hintereinander. Es soll Freude machen, und nicht bloss eine ‚Technik‘ sein.
8. Nicht die Leistung zählt! In der Atemarbeit findet man Ruhe. Stille und Gelassenheit. Sie schenkt schöpferische Pausen innerer Sammlung und konzentrierter Aufmerksamkeit; sie ist kein Hochleistungssport.
9. Vertrauen SieIhremAtem. Er öffnet Ihnen den Weg zu den spirituellen Dimensionen des Lebens. Sie werden spüren, wie oft am Tag Sie Ihre Atemübungen machen sollen, denn es ist für jeden verschieden. Finden Sie Ihren eigenen Rhythmus heraus.

Der bulgarische Weise Omraam Michael Aivanhov sagte einmal: “ Wer lernt, bewusst zu atmen, erleuchtet seinen Intellekt, erwärmt sein Herz und stärkt seinen Willen.“ – Mit anderen Worten: Man entfacht damit die Dreifaltige Ramme in seinem Herzen. den Unsterblichen Funken Gottes.
Nehmen wir uns deshalb die Worte von Reshad Feild zu Herzen; „Stell dir jetzt vor, du seiest ein Adlerauf jenem Felsen. Atme die Luft! Atme, wie du zuvor noch nie geatmet hast. lass den Wind dich atmen! Fühle, wie der Wind durch deinen Körper weht, durch alle Muskeln und Fasern, durch die Adern, zwischen den Atomen hindurch…“.

„So zerstreut du bist, lerne auf den Atem achten.