Im Krankenhaus erst richtig krank werden, das ist wohl das Schlimmste was einem Patienten passieren kann:

die Verhinderung nosokomialer Infektionen, so der Fachbegriff für Krankenhausinfektionen, ist bei gleichzeitiger Kostensenkung daher eine Hauptaufgabe von Hygiene-Experten. Neueste Erkenntnisse auf diesem Gebiet der klinischen Qualitätssicherung diskutieren sie aufder 12. Konferenz der Gesellschaft für Hygiene und Umweltmedizin (GHU), die vom 3. bis 5. Oktober 2004 gemeinsam mit der 8. Konferenz der International Society of Environmental Medicine (ISEM) am Universitätsklinikum in Halle stattfindet.

Beim Umgang mit Krankheitserregern kann es zu Übertragungen kommen. Das weiss jedes Kind, das sich bei seinen Spielkameraden mit Masern oder Mumps angesteckt hat. Im Krankenhaus ist das Problem jedoch sehr viel gravierender: die hier eventuell vorhandenen Erreger können schwere Erkrankungen auslösen. Besonders problematisch wird es, wenn die Erreger gegen vielfach verwendete Antibiotika resistent geworden sind. Die Betreiber aller Kliniken sind daher gesetzlich verpflichtet, Daten über Infektionen und Erreger zu erfassen und zu bewerten und Gegenmassnahmen zu ergreifen: Surveillance (Überwachung) ist das Stichwort.

Die Aufzeichnung und Bewertung von nosokomialen Infektionen bzw. Erregern, soll jedes Krankenhaus und jede Einrichtung für ambulantes Operieren in die Lage versetzen, eigene Schwächen im Hygienemanagement zu erkennen und gegebenenfalls die notwendigen Massnahmen einzuleiten. Gesetzliche Regelungen gibt es hierzu schon seit einigen Jahren. Was aber sind die richtigen Massnahmen? Der präventive Effekt einer ausgereiften Surveillance ist unbestritten: die Identifikation von Infektionsproblemen und die anschliessende gezielte Intervention verringern das zukünftige Risiko. Die Arbeit der Kontrolleure hat zudem noch andere positive Auswirkungen: unter dem Bewusstsein der Beobachtung verbessert sich häufig die Arbeitsleistung.

Auf ihrer Jahrestagung in Halle diskutieren die Hygiene-Fachleute über Methoden zur Qualitätssicherung und tauschen praktische Erfahrungen aus. Zu Beginn der Diskussion wird das Team von Frau Professor Marianne Borneff-Lipp, Direktorin des Instituts für Hygiene am Klinikum der Medizinischen Fakultät der Universität Halle-Wittenberg, die Ergebnisse einer Langzeitstudie vorstellen: Durch gezielte Kontrollmassnahmen konnte eine Besiedlung mit multiresistenten Erregern bei hämatologisch-onkologischen Patienten langfristig reduziert werden.

Im weiteren Verlauf der Tagung lassen die Hygiene-Experten kein heisses Eisen aus: was muss auf Stationen, auf denen besonders infektionsgefährdete Patienten liegen, beachtet werden? Wie hat sich die Resistenzsituation gegenüber einer Reihe von Antibiotika entwickelt? In manchen Industrieländern scheint das Problem der Multiresistenz, d.h. einer Unempfindlichkeit gegenüber Substanzen mehrerer Antibiotikaklassen, immer gravierender zu werden. In Ländern wie Japan, USA, Spanien, Italien, Frankreich und England ist die MRSA-Problematik kaum noch zu beherrschen und schon Ende der 90er Jahre lies sich auch in Deutschland eine bedenkliche Zunahme der MRSA-Häufigkeit belegen. Wie hat sich das in den letzten Jahren entwickelt? Wie wird es weiter gehen?

Infektionsreservoire gibt es genug in jedem Krankenhaus: Instrumente, interdisziplinäre Intensivstationen, ja sogar das ärztliche und pflegerische Personal selbst kann zum Problemverursacher werden.

Besonders viel Zeit wollen die Hygiene-Experten diesmal dem minimalinvasivem Instrumentarium widmen. Die sogenannte Schlüssellochchirurgie ist auf dem Vormarsch und löst andere Behandlungsmethoden ab. Die Hersteller medizinischer Geräte entwickeln immer bessere und flexiblere Instrumente, doch die Übertragung von Mikroorganismen durch Endoskope ist bisher spärlich dokumentiert. Das Infektionsrisiko hängt sowohl von der Art des endoskopischen Eingriffs als auch von der Disposition des Patienten, z.B. den Grunderkrankungen und anatomische Besonderheiten, sowie von den Eigenschaften der Erreger ab.

Da flexible Endoskope und das entsprechende Zusatzinstrumentarium immer raffinierter konstruiert werden, erhöht sich die Anforderung an die Aufbereitung dieser komplexen Geräte. Ist das Einweg-Endoskop, so die aktuelle Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, eine bezahlbare Alternative?

Auf der GHU-Tagung befassen sich die Experten in einem speziellen Workshop mit der maschinellen Aufbereitung von Endoskopen in Kliniken und Praxen. Sie diskutieren Auswahlkriterien für Chemikalien für diese Aufbereitung und spezielle Prüfverfahren. Vollautomatische Verfahren bringen deutlich bessere Ergebnisse als manuelle oder teilautomatische Reinigungen. Doch auch hier kann man sicherlich noch etwas verbessern. Wie ist der Spagat zu bewältigen? Das Risiko und gleichzeitig die Kosten zu senken. Und daran setzen Hygiene-Fachleute ihren Ehrgeiz.

[@uelle:medizin.uni-halle]
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