Autogenes Training ist eine von Prof. Schultz in den 20er Jahren dieses Jahrhunderts entwickelte autosuggestive Methodik zur Vitalisierung von Körper und Seele.

Dabei wird das Körperempfinden verbessert und eine wesentliche Harmonisierung körperlicher und seelischer Funktionen erreicht. Regelmässige Anwendung trägt deutlich zur Persönlichkeitsstabilisierung bei und hilft Alltagsprobleme souveräner zu verarbeiten. Autogenes Training kann als eine selbsttherapeutische Massnahme eingesetzt werden.

Ziele des Autogenen Trainings
  • Entspannung als gesundes Gegengewicht zu übermässiger körperlicher und seelischer Spannung integriert in den Alltag, Gelassenheit als Leitmotiv im Leben / AT als Lebensbegleiter,
  • Körperliche und seelische Selbstregulation zur Förderung von Gelassenheit, Allgemeine gesundheitsförderliche Prävention und Unterstützung der Salutogenese,
  • Störungs-/Krankheitsbehandlung und Nachsorge
  • Förderung der Selbststeuerungsfähigkeiten (physiologisch/ kognitiv/emotional/ verhaltensmässig), Selbstregulierung vegetativer Funktionen, optimaler organismischer Regulation, gesunden Verhaltensweisen, Konzentrationsfähigkeit, Selbstruhigstellung;
  • Wahrnehmung der Sensibilisierung für Körpervorgänge, Körpersignalsysteme, positive Körperempfindungen;
  • Stressbewältigung, Innenschau, Selbsterkenntnis, Selbstfindung, Selbstverantwortung, Selbstverwirklichung.

Autogenes Training ist ein sehr wirkungsvolles therapeutisches Instrument und Selbstfindungsmittel, gerade deshalb sollte es nicht ohne die nötige Sorgfalt praktiziert werden. Je kraftvoller Mittel wirken, um so eher können sie, wenn auch nur in sehr seltenen Fällen, auch negative Auswirkungen haben (Herzjagen, Schwindel, Schweissausbrüche). Man sollte aber auch nicht ängstlich an diese Techniken herangehen.

Wichtig ist wie bei allen ähnlichen Techniken: Schritt um Schritt, nichts erzwingen, Sorgfalt pflegen, sich im Positiven dessen bewusst sein „…man handelt an sich selbst“. Bei psychischen Störungen und Herzneurosen ist die Konsultation eines Facharztes unbedingt zu empfehlen.
Autogenes Training besteht aus fünf wesentlichen Elementen:

    1. Vorbereitung
    2. Zurücknehmen
    3. Körperverständnis
    4. Autosuggestive Formel
Zusammenfassung:

In der Regel bedienen sich die meisten Praktizierenden der ersten beiden Elemente. Autogenes Training hat in seinem Einsatzbereich eine sehr hohe Bandbreite und wird in Medizin, Psychologie, Lebensberatung und u.a. im Sporttraining angewandt.

1. Vorbereitung

Grundlage des Autogenes Training ist die Fähigkeit zu entspannen.

Ungeübten ist das Aufsuchen einer angenehmen, ruhigen, störungsfreien und genügend temperierten (vermeiden von Abkühlung) Umgebung zu empfehlen. Eine solche Umgebung erleichtert das Autogenes Training, ist aber nicht Voraussetzung. Spezielle Musik kann hilfreich sein, sie sollten sich aber nicht daran gewöhnen, denn schliesslich heisst Selbsterfahrung sich „SELBST“-erfahren und nicht Musik hören oder sich „Tonal“ einzunebeln. Es wird viele Situationen in Ihrem Leben geben, wo Sie keine Musik haben und Sie wollen sich trotzdem „Erfahren“ – jahrtausendelang hat das ja schliesslich auch funktioniert.

Nehmen Sie eine angenehme Sitz- oder Liegehaltung ein. Die Droschkenkutscher-Haltung hat sich als besonders zweckmässig erwiesen. Darunter versteht man eine aufrechte, leicht mit dem Rücken angelehnte Sitzhaltung. Die Form der Rückenlehne der benützten Sitzgelegenheit sollte ein seitliches Abrutschen vermeiden. Die Unterarme liegen wie bei einem Droschkenkutscher locker auf den Oberschenkeln. Bei der Handhaltung sind die Handflächen einander zugeneigt, leicht geöffnet und dabei entspannt. Diese Haltung ergibt sich natürlich und ohne Zwang.

Ausgehend von der angenehmen Grundhaltung werden die Augen geschlossen. Man beginnt innerlich ruhig zu werden. Um die Alltagsgedenken loszulassen, kann man sie durch folgenden Gedanken ersetzen: „Die Gedanken kommen und gehen“. Wenn Sie diesen „Gedanken-Satz“ ohne Kraft und Konzentration häufiger und eher monoton als bewegt wiederholen, finden Sie schnell zur Ruhe. Dann können Sie den Gedanken „Die Gedanken kommen und gehen“ jetzt immer ›leiser‹ werden lassen, ähnlich wie Sie es von ihrer Stimme kennen. Irgendwann „hören“ Sie diesen Gedanken nicht mehr, – um Sie ist nur noch Gedankenstille. Nun haben Sie beste Voraussetzungen mit dem Autogenen Training zu beginnen.

Am Anfang werden die Alltagsgedanken immer wiederkehren. Dann lassen Sie einfach den Gedanken „Die Gedanken kommen und gehen“ wieder einsetzen und ›lauter‹ werden. Wenn dann die Ruhe sich wieder abzeichnet lassen Sie den Gedanken ›Leiser‹ werden. Verwenden Sie das ›Leiser‹ und ›Lauter‹ ist wie ein Lautstärkeregler, der Sie zur Stille führt.

Es ist sehr wahrscheinlich (und auch nicht ungewöhnlich), dass es Ihnen in den ersten Sitzungen nicht gelingt die Alltagsgedanken genügend loszulassen. Spielen Sie dann mit ›Leiser‹ und ›Lauter‹ etwa geschätzte fünf bis zehn Minuten (das kommt einem Ungeübten am Anfang als sehr lange vor!) und lassen Sie dann die Alltagsgedanken wieder ganz in Sie eintreten. Erzwingen Sie aber nichts! Bei der nächsten und übernächsten Übung, später am Tag oder morgen wird es schon besser gehen.

Erst wenn Sie etwa geschätzte 2-3 Minuten zur völligen Stille kommen, und das wird für den Anfang (wegen der subjektiven Zeitdehnung) ebenfalls schon als sehr lang empfunden, sollten Sie den nächsten Schritt erarbeiten. Ungeduld schadet hier dem Lernprozess und zieht das Erlernen unnötig in die Länge oder erzeugt ungenügende Oberflächlichkeit. In der Regel dauern die ersten Schritte erheblich länger als spätere Schritte. „Schrittweiten“ von ein bis zwei Wochen bei täglicher Übung sind nicht ungewöhnlich. Konsequenz und Beharrlichkeit im Üben sind, wie immer beim Lernen, notwendig.

2. Zurücknehmen

Im Autogenen Training wird mit Vorstellungen und Gedanken gearbeitet – „Mein Arm ist (wird) schwer“. Diese zweifellos angenehmen Erfahrungen bewirken aber auch körperliche (biochemische) Änderungen. Sie würden zwar nach einigen Stunden verschwinden, aber kontrolliertes „EINTRETEN“ in die Suggestion erfordert auch kontrolliertes „AUSTRETEN“ aus der Suggestion.

Grundsätzlich gilt das Zurücknehmen muss in jedem Fall erfolgen!!

Zurücknehmen ist ganz einfach. Man denkt und handelt nach folgenden Schritten (bitte die Reihenfolge beachten):

Arme fest:
Arme energisch strecken und beugen und dabei die Muskeln der Arme spannen und entspannen

Tief atmen:
Tief durchatmen und dabei Brust und Bauch spürbar bewegen.

Augen auf:
Langsam und ruhig die Augen öffnen

„Arme fest – Tief atmen – Augen auf“

Ist der Merksatz für das Zurücknehmen. Lassen Sie sich dafür unbedingt genügend Zeit. Wenn Sie Ihre Augen geöffnet haben, sollten Sie genügend Ruhe bewahren und ohne hastige Bewegungen aufstehen.

3. Körperverständnis

Das Körperverständnis beginnt der Einfachheit halber bei den Gliedern, bei den Händen und Armen. Dabei werden Erfahrungen verwendet, welche wir alle kennen: Ruhe, Wärme, Schwere und Rhythmik. Alle Effekte sind Ihnen bekannt, es sind keine ungewöhnlichen oder beängstigenden Empfindungen welche dabei auftreten können. Der einzige Unterschied besteht darin, dass diese sehr angenehmen Effekte sich jetzt „willentlich“ ergeben. Folgende Teilschritte werden angewandt und Erfahrungen daraus bezogen.

Autogenes Training

Ohne geeigneter Literatur vorzugreifen sei hier eine kurze allgemeine Anleitung zur Verwendung der Übungsformeln genannt.

Diese Information ersetzt keinesfalls einen Übungskurs bei einem erfahrenen Therapeuten!

Die Übungen sind strikt in der oben angegebenen Folge durchzuführen, da sie auf einander aufbauen und sich ergänzen. Aus dem Ablauf gerissene Übungen können wirkungslos sein oder bei entsprechender Disposition zu Autogenen Entladungen und „Organerinnerungen“ führen. Falsche Rücknahmen können die Symptome verstärken.

Praxis

Zu Beginn einer Übung wenden wir unser Augenmerk auf den anzusprechenden Bereich. Beim Beispiel der Wärmeübung wäre dies der Arm. Stellen Sie ihn sich bildlich vor, versuchen Sie sich dieses Armes bewusst zu werden, ihn zu „erfühlen“. Die Übungsformel „Der rechte/linke Arm ist warm“ sollten Sie sich nun etwa 6-10 mal denken. Sicher wird für den Unerfahrenen dabei noch keine Reaktion erfolgen. Trotzdem – spüren Sie in Ihrem Arm nach was geschieht. Haben Sie keine Erwartungshaltung, da sie das typische Wärmegefühl noch nicht kennen. Wiederholen Sie die Sequenz. Maximale Übungsdauer 10 Minuten.

Es gibt Praktizierende, die sehr früh eine aufsteigende Wärme aus den Fingerspitzen oder der Handfläche erfahren. Regelmässige Übung vorausgesetzt wird sich dieses angenehme Gefühl über den Arm nach oben bis zur Schulter fortsetzen. Geniessen Sie die Entspannung.

Nun wenden Sie Ihre Aufmerksamkeit dem anderen Arm zu und führen die gleiche Übung durch. Anschliessend wird der Wärme- und Entspannungseffekt in beiden Armen zu spüren sein.

Sie können jetzt die selbe Übung mit Ihren Füssen durchführen. Wenn Sie kein enges Schuhwerk tragen wird Ihnen die Erfahrung erleichtert.

Geraten Sie nicht in Unruhe, wenn der Effekt sich nicht gleich einstellt. Sie können bereits in der ersten Woche Erfahrungen haben oder aber vier Wochen üben müssen. Zeit spielt bei Selbsterfahrungstechniken keine Rolle, um so mehr die Beharrlichkeit. Geben Sie sich keinen Täuschungen hin (Sinngemäss: „Ah, toll, ich spüre schon was! Bin ich toll bei mir klappt das alles schon am ersten Tag. Ich mache gleich alle Übungen durch!“)

Es kann sein dass wieder Alltagsgedanken auftauchen. Denken Sie einige male: „Die Gedanken kommen und gehen. Ich bin vollkommen ruhig“ und kehren dann zu ihrer Übungsformel zurück.

Sollten Sie sich durch die Übung unwohl fühlen, dann keine Panik! Es kann nichts schlimmes passieren. Denken Sie nicht mehr die Übungsformel, sondern einige male: „Ich bin vollkommen ruhig“, lassen diesen Gedanken anschliessend „ausklingen“. Nun praktizieren Sie energisch das Rücknehmen mit „Arme fest, Tief atmen, Augen auf“ Lassen Sie sich dafür aber unbedingt genügend Zeit. Wenn Sie Ihre Augen geöffnet haben, sollten Sie noch einen Augenblick mehr Ruhe gönnen als sonst und ohne hastige Bewegungen aufstehen.

Im Laufe der Jahre werden Sie alle Übungen sehr schnell umsetzen können. Sie denken dann nur noch „Ruhe, Schwere, Wärme, Herz schlägt gleichmässig und ruhig, Atem gleichmässig und ruhig, Sonnengeflecht strömend warm, Stirn angenehm kühl“. Innerhalb weniger Sekunden setzen alle Effekte ein und der Körper ist komplett in den „autogenen“ Zustand versetzt, dies nennt man Generalisierung. Eine Generalisierung erfolgt sicher, schnell und ungemein wirkungsvoll, setzt aber erhebliche Übung voraus.

4. Autosuggestive Formel

Der körperliche Bereich des Autogenen Trainings, ist für viele hinreichend als hervorragende Entspannungsübung. Eine weitere Stufe ist das Einbinden einer „Autogenen Formel“. Darunter versteht man einen Leitsatz der eine grundsätzliche Gedankenausrichtung erleichtert. „Ich bin ruhig und gelassen“ ist eine solche bekannte und sehr bewährte „Autogene Formel“. Sie ist wegen ihres sehr positiven Grundgehaltes zu empfehlen. Wird eine solche „Autogene Formel“ genügend häufig im Generalisierungszustand gedacht, prägt sie sich ins Unterbewusstsein ein. Das eigentlich Entscheidende ist jedoch, dass sich diese „Formel“ (kontrolliert) verselbständigt. Darunter ist zu verstehen, dass in schwierigen Situationen diese „Autogene Formel“ plötzlich und zuverlässig wie aus dem Nichts als Gedanke entsteht und seine Wirkung (positiv involviertes Umfeld) zeigt.

Stellen Sie sich vor: Eine Situation (z.B. ein Streitgespräch) erregt Sie ausserordentlich. Sie haben grosse Mühe mit der Selbstkontrolle und einen klaren Kopf zu behalten. Plötzlich taucht in Ihnen der Gedanke auf: „Ich bin ruhig und gelassen“, mit samt seinen „Wirkungen“ wie z.B. Klarheit, Ruhe, Sicherheit. Dieser Gedanke schlägt sich automatisch auf Ihr Verhalten nieder. Die Praxis zeigt, sie werden „ruhiger und gelassener“. Sie werden für Ihr eigenes Geschenk an sich dankbar sein.

Es versteht sich von selbst, dass im Umgang mit „Autogenen Formeln“ verantwortlich zu handeln ist und die Inhalte deswegen keines Wegs negativ besetzt sein dürfen. Falsch geprägte Formeln können aus sozialer, psychologischer und medizinischer Sicht erhebliche Schäden anrichten

5. Oberstufen-Technik

Zusätzlich zu den Techniken der Grundstufe gibt es eine weiterführende Oberstufe. Dabei handelt es sich um Einstiegstechniken in die imaginative Meditation. Näheres hierzu unter Meditation. Es ist also ersichtlich, dass das vorbereitende Fundament zur Meditation beträchtlich ist. Meditation ist nicht einfach entspannen, lesen, nachdenken oder eine halbe Stunde die Augen schliessen und Düfte atmen. Dafür ist das deutsche Wort „ruhen“ sehr wohl geeignet, auch wenn es nicht so „grossartig“ wie Meditation gelingt. Angemessene innere Demut ist hierbei dienlich.

Zusammenfassung:

Autogenes Training ist eine moderne westliche, seit Jahrzehnten bewährte, therapeutische Methode. Gerade wer einen längerfristigen Weg zu Selbstfindung einschlagen will, sollte an früher Stelle sich intensiv mit diesem „Werkzeug“ befassen. Es setzt Konsequenz, Beharrlichkeit und ein gewisses Mass an Selbstdisziplin voraus. Der tägliche Aufwand von 1 – 2 mal 15 – 30 Minuten ist bereits nach wenigen Monaten als Gewinn bringend erkennbar und dient als Basis und der Fortentwicklung zu anspruchsvollen Meditationstechniken.