Ob Niere, Herz oder Leber – nur wenn das körpereigene Immunsystem lebenslang ausgetrickst wird, hat das transplantierte Organ eine Überlebenschance.

Andererseits darf man den Patienten nicht durch schwere Infektionen oder Nebenwirkungen des Immunsuppressivums gefährden – eine therapeutische Gratwanderung!

Über 20 Jahre ist es her, dass mit Ciclosporin erstmals ein potentes Immunsuppressivum zur Verfügung stand, mit dem sich die Abstossung des fremden Organs dauerhaft verhindern liess. Damit war überhaupt erst die Voraussetzung für die Entwicklung der heutigen Transplantationsmedizin gegeben. Seitdem konnten in der immunsuppressiven Therapie erhebliche Fortschritte erzielt werden. Neue Substanzen wie Tacrolimus, Sirolimus, Basiliximab oder Mycophenolatmofetil werden mit Erfolg vor allem in Kombinationen eingesetzt. Weitere Erfolg versprechende Neuentwicklungen wie der Proliferationshemmer Everolimus und der Migrationsblocker FTY 720 befinden sich bereits in der klinischen Prüfung. Immer häufiger gelingt es, die mit vielen Nebenwirkungen behafteten Glukokortikoide in der Dosis zu reduzieren bzw. innerhalb des ersten Jahres ganz abzusetzen.

Vergessen wird gefährlich

Aber auch Ciclosporin konnte entscheidend weiterentwickelt werden. Es steht heute in Form einer Mikroemulsion (Sandimmun® Optoral/Neoral) zur Verfügung, die sich zum einen durch eine bessere Bioverfügbarkeit auszeichnet und zum anderen durch deutlich geringere inter- und intraindividuelle Schwankungen der Wirkstoffspiegel. Ein weiterer Fortschritt aus jüngster Zeit ist die Verbesserung des Drug-Monitorings durch Bestimmung der Ciclosporin-Spiegel zwei Stunden nach der letzten Einnahme (so genanntes C2-Monitoring). Hierdurch wird anders als bei der bisherigen Bestimmung der Talspiegel kurz vor der nächsten Einnahme die besonders variable Resorptionsphase erfasst. Durch gezielte Dosisanpassung lassen sich dann Über- und Unterdosierungen vermeiden, was mit einer nachweislich geringeren Abstossungsrate einhergeht.

Trotzdem ist die immunsuppressive Therapie alles andere als einfach, meinte Professor Dr. Dietmar Karl Abendroth vom Transplantationszentrum der Universitätsklinik Ulm im Gespräch mit Medical Tribune. Zum einen muss der Patient über Jahre bei der Stange gehalten werden. Dabei zeigen Transplantatempfänger die gleichen menschlichen Schwächen wie alle Patienten, die regelmässig Medikamente einnehmen müssen: Geht es ihnen gut, werden die Tabletten leicht vergessen, vor allem wenn es mehrere am Tag sind. Nur Aufklärung und regelmässige Kontrolltermine mit „Erinnerung“ können dem entgegenwirken.

Ein anderes Problem ist die immer noch schwierige Handhabung von Ciclosporin, das als „Critical-Dose“-Pharmakon eine sehr geringe therapeutische Breite aufweist. Bei Überdosierungen muss man mit Infektionsgefahr, Tumorinduktion und vermehrten Nebenwirkungen rechnen, bei Unterdosierung droht das neue Organ abgestossen zu werden.

Mehr Sicherheit mit Mikroemulsion

Mit der Ciclosporin-Mikroemulsion konnte auf Grund der schnellen und beständigen Absorption ein wichtiger Schritt in Richtung Therapiesicherheit erzielt werden. In dieser Situation auf ein Generikum umzustellen, heisst Abstossungsreaktionen zu riskieren und damit den Erfolg der Transplantation zu gefährden, warnte der Transplantationsmediziner. Zwar haben die zuständigen Behörden den Ciclosporin-Generika eine Bioäquivalenz, d.h. gleiche Wirkstoffaufnahme, bescheinigt. Allerdings beträgt hierbei die erlaubte Abweichung vom Originalpräparat bis zu 25 %. Für ein „Critical-Dose“-Pharmakon eine zu grosse Schwankungsbreite, urteilte Prof. Abendroth. Zudem seien die entsprechenden Untersuchungen bei gesunden jungen Probanden vorgenommen worden – tatsächlich behandelt würden jedoch wesentlich ältere und kranke Patienten.

Woran bei der Immunsuppression ebenfalls zu denken ist:

Ciclosporin wird wie viele andere Immunsuppressiva über das Enzym Cytochrom P450 abgebaut. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die dann wiederum zu erhöhten oder erniedrigten Spiegeln führen, sind deshalb zu beachten.

Hausarzt und Zentrum müssen eng kooperieren

Als betreuender Hausarzt sollte man die Basisimmunsuppression besser dem Transplantationszentrum überlassen oder bei notwendig erscheinenden Änderungen zumindest eng mit den Zentren kooperieren, rät Prof. Abendroth. Entsprechende Rücksprachen empfehlen sich auch, wenn auf Grund anderer Erkrankungen oder Beschwerden ein weiteres Medikament eingesetzt werden soll.

Kein Fall für Apotheker

Bei der Nachsorge und medikamentösen Therapie der transplantierten Patienten stellen sich auch rein haftungsrechtliche Fragen. Letztendlich ist nach heute geltendem Recht der transplantierende Arzt auch für das Langzeitergebnis der Transplantation verantwortlich, so dass er auch bei der Immunsuppression das letzte Wort haben sollte. Keinesfalls sollte man in diesem sensiblen Bereich aber die Auswahl des richtigen Medikaments im Sinne der „Aut-idem-Regelung“ dem Apotheker überlassen, meinte Prof. Abendroth.

[ Quelle Medical Tribune Bericht ]