Hinweise für Betroffene/Unnötige Schlafängste

Was ist Schlaf?

Jeder Mensch schläft: nahezu 3.000 von den 8.760 Stunden eines Jahres, rund 24 Jahre, also ein Drittel eines Menschenlebens. Tatsächlich beherrscht der Schlaf unser Leben wie kaum eine andere Funktion. Und doch sind noch viele Fragen offen. Immerhin ist eines sicher:

Der Schlaf ist kein passiver Zustand, bei dem „im Gehirn die Lichter ausgehen“ oder gar eine Art „Bewusstseinstrübung“, wie man früher meinte. Der Schlaf ist eine aktive Leistung des Organismus. Das Gehirn ruht sich keineswegs aus, es arbeitet nur anders. Seine Zellen und zahllosen Nervenverbindungen sind aktiv, teilweise aktiver als tagsüber. Die meisten Körperfunktionen erfüllen nach wie vor ihre Leistungen, auch wenn einige von ihnen „auf kleiner Flamme“ gehalten werden.

Beim Schlaf selber unterscheidet man zwei verschieden Schlafarten: Das eine ist der mehr oder weniger fortlaufende Wechsel von einem Schlafstadium in ein anderes: Einschlafstadium oder leichtester Schlaf (Übergangsstadium zwischen Wachen und Schlafen) -> leichter Schlaf -> mitteltiefer Schlaf -> Tiefschlaf. Neben diesem gut nachvollziehbarem Ablauf gibt es aber noch einen etwas ungewöhnlichen Schlafabschnitt, den so genannten REM- Schlaf. REM geht auf die Beobachtung rascher Augenbewegungen zu Beginn dieses Schlafabschnitts zurück (englisch: rapid eye movement). Dieser REM-Schlaf unterscheidet sich von den anderen Schlafstadien durch eine Reihe vegetativer Änderungen (Muskelspannung, Blutdruck, Herzschlaffolge usw.). Vor allem finden sich dort mehr Traumerlebnisse als sonst, weshalb man ihn früher auch als „Traumschlaf“ bezeichnete.

Ein Schlafzyklus besteht nun aus einer Art „Schlaftreppe“, die man vom Einschlafstadium bis zum Tiefschlaf hinabschreitet. Von dort geht es in der Regel einen Sprung zurück zu einem mitteltiefen Schlafstadium, und dann beginnt der erwähnte REM-Schlaf. Danach fängt alles wieder von vorne an, wenngleich nicht immer in der gleichen strengen Reihenfolge und mit gewissen Schwerpunkten. Auf jeden Fall finden sich in einer normalen Nacht rund vier bis fünf solcher Schlafzyklen, also ein beständiges Auf und Ab leichterer und tieferer sowie spezieller (REM-) Schlafstadien. Die tiefen Schlafstadien treten insbesondere in den ersten beiden Schlafzyklen in Erscheinung, um sich im Folgenden nur sehr kurz, manchmal überhaupt nicht mehr zu zeigen. Der so genannte Nicht-REM-Schlaf macht etwa drei Viertel, der REM-Schlaf rund ein Viertel der gesamten Ruhezeit aus.

Schlafstörungen

Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Beeinträchtigungen. Man spricht von jedem Fünften bis Dritten, abhängig von Alter (je Älter, desto mehr), Geschlecht (Frauen mehr als Männer) und Gesundheitszustand (Schlafstörung als Folge von seelischen und körperlichen Krankheiten sowie psychosozialen Beeinträchtigungen jeglicher Art).

Doch Schlafstörung ist nicht gleich Schlafstörung. Die meisten Menschen verbinden damit „zu wenig geschlafen“, „schlechter Schlaf“ oder gar „schlecht geträumt“. Das ist zwar der grössere Teil, die so genannten Insomnien, das heisst mangelhafter oder ungenügend erholsamer Schlaf. Daneben gibt es aber noch andere Formen der Schlafstörungen, die mindestens so bedeutsam, den meisten aber gar nicht bekannt sind.

Dazu gehören die so genannten Hypersomnien wie das Schlafapnoe-Syndrom (ausgeprägte Schläfrigkeit am Tag mit kurzfristigen Einschlafattacken und speziellen Atmungsstörungen in der Nacht), die Narkolepsie (übermässige Schläfrigkeit oder plötzliches, unüberwindliches Einschlafen am Tage mit einer Reihe weiterer, durchaus beängstigender Krankheitszeichen), dem nächtlichen Myoklonus (immer wiederkehrende Bein-, insbesondere Unterschenkelbewegungen, die ständig aufwecken) sowie das Restless-legs-Syndrom (ruhelose Beine, meist zusammen mit dem erwähnten nächtlichen Myoklonus).

Bei Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus ist der Schlaf selbst normal, der periodische Wechsel von Wachen und Schlafen innerhalb des 24-Stunden-Tages entspricht jedoch nicht dem – meist von den Umweltbedingungen geforderten – Schlaf-Wach-Muster. Dadurch kommt es zu Übermüdung und Befindlichkeitseinbussen. Beispiele: Schicht- bzw. Nachtarbeit, Interkontinentalflüge durch verschiedene Zeitzonen, unregelmässige soziale Verpflichtungen bzw. Verschiebung der Freizeit in immer spätere Nachtstunden hinein usw.

Neben diesen Schlafstörungen mit zu wenig oder zu viel Schlaf bzw. unnatürlichem Schlaf-Wach-Rhythmus gibt es noch die so genannten Parasomnien: Das sind ungewöhnliche Ereignisse, die entweder während des Schlafs oder an der Schwelle zwischen Wachsein und Schlaf auftreten. Dazu gehören Schlafwandeln, nächtliches Aufschrecken, Angstträume, nächtliches Einnässen, nächtliches Zähneknirschen usw.

Die zu Beginn erwähnte Insomnie oder auch „Schlaflosigkeit“, wird ihrerseits unterteilt in Schlafstörungen ohne fassbare Ursache (so genannte nichtorganische Insomnie), die verschiedene, auf jeden Fall nichtkörperliche Ursachen haben können. Dann gibt es die Insomnie im Rahmen einer seelischen Störung (z. B. Depression, Manie, Schizophrenie, Angst- und Essstörungen u. a.) sowie die Insomnie im Rahmen einer organischen Erkrankung (z. B. endokrine, metabolische, Herz-Kreislauf-, hormonelle u. a. Störungen). Und es gibt die so genannten substanzinduzierten Schlafstörungen durch bestimmte Medikamente: Schilddrüsenhormone, Präparate gegen Atmungsstörungen, Appetitzügler, Blutdruck senkende Arzneimittel, bestimmte Psychopharmaka u. a.

Das alles besagt, dass man bei der scheinbar einfachen Diagnose „Schlafstörungen“ eine ganze Reihe von möglichen Ursachen abklären muss, um nicht nur das Krankheitszeichen „gestörter Schlaf“ mit medikamentöser Hilfe zu überspielen, sondern auch die Ursachen herauszufinden. Das heisst nicht, dass man mit der Behandlung solange warten muss, bis man den wirklichen Grund gefunden hat, eine zeitlich begrenzte chemische Schlafunterstützung ist da sehr wohl erlaubt. Will man aber auf Dauer erfolgreich sein, darf man sich nicht allein mit dem Symptom zufrieden geben, sondern muss die Hintergründe erforschen. So vermutet man bei etwa je einem Drittel der Betroffenen eine organische bzw. seelische Ursache, während man beim letzten Drittel weder das eine noch das andere findet. Dies ist dann auch jene Gruppe, bei der die nichtmedikamentösen Massnahmen eine besondere Hilfe sein können. Und hier gibt es in der Tat mehr Möglichkeiten in eigener Initiative, als sich die meisten vorstellen können.

Zwar sind diese Massnahmen nur selten sofort wirksam (womit natürlich vor allem Schlafmittel verwöhnen, allerdings auch nicht unbegrenzt und ohne Folgen) und sie sind auch nicht so durchschlagend wirksam wie eine Schlaftablette, dafür ist man aber an seinem Genesungsprozess aktiv beteiligt, kann selber etwas dafür tun und ist vor allem langfristig gegen Rückfälle gewappnet, und zwar aus eigener Kraft. Das mindert auch die Angst des „Hilflos-ausgeliefert-Seins“ an Schlafstörungen und chemische Therapie. Die Ärzte sind froh, dass sie solche Arzneimittel haben, aber noch zufriedener, wenn sich der Patient an der Heilung beteiligt und vor allem Rückfälle aktiv mitbekämpft.

Die nachfolgenden Ausführungen sollen dabei helfen. Sie wenden sich besonders an die Patienten mit einer so genannten „primären Insomnie“, bei der die Betroffenen mehr eigene Einflussmöglichkeiten haben als bei Schlafstörungen durch seelische oder körperliche Erkrankungen. Doch auch bei Letzteren lässt sich der eine oder andere Hinweis sinnvoll nutzen.

Ist Schlafstörung gleich Schlaflosigkeit?

Schlafstörungen sind also häufig. Im so genannten „dritten Lebensalter“ dürfte es nicht allzu viele Menschen geben, die hiervon noch nie betroffen waren. Die meisten allerdings können damit halbwegs befriedigend umgehen und versuchen zuerst einmal selber, damit fertig zu werden. Das erklärt auch, weshalb vielen Ärzten, ja sogar Hausärzten, die ihre Patienten schon lange kennen, die Schlafstörung gar nicht geklagt wird. Das ist aber auch wieder nicht richtig, denn selbst wenn Patient und Arzt keinen Bedarf für eine medikamentöse Schlafförderung sehen, gibt es doch zahlreiche nichtmedikamentöse Schlafhilfen, die man in der Regel erst durch seinen Arzt erfährt – sofern man sich ihm diesbezüglich anvertraut.

Also wird man von ihm hören, dass Schlafstörungen häufig, eine durchgehende Schlaflosigkeit hingegen selten sind. Die meisten Schlafgestörten schlafen mehr, als sie vermuten, wenn auch nicht so erquicklich, wie sie sich das wünschen. Auch ist ein ständig befriedigender Schlaf eher die Ausnahme als die Regel. Der Mensch ist keine Maschine. Sein Schlafbedürfnis richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Das aber ist keine Schlafstörung, sondern das normale Auf und Ab, wie bei allen anderen Funktionsabläufen des Organismus.

Die Grundregel lautet: Der Organismus holt sich seinen Schlaf – wenn nicht morgen, dann übermorgen. Wer seinen Schlaf nicht selber stört, kommt auf jenes Schlafquantum, das sein Körper braucht. Ein erzwungenes Zuviel an Schlaf bringt weder Leistungssteigerung noch Schutz vor Krankheiten. Der natürliche Ablauf ist der Beste, und das bestimmt der Organismus selber – eine gesunde Lebensweise vorausgesetzt.

Der letzte Satz bedarf allerdings noch einer Ergänzung: Denn es ist nicht nur die gesunde Lebensweise, es ist auch die Gesundheit generell, die über erholsamen oder schlechten Schlaf entscheidet. Wer also unter einer Schlaf störenden seelischen oder körperlichen Erkrankung oder sonstigen beeinträchtigenden Bedingungen zu leiden hat, der muss in dieser Hinsicht erst einmal genesen, damit obige Erkenntnis für ihn zutrifft. Dann aber gilt dieser tröstliche Satz für ihn genauso wie für alle anderen. Aber – das sei noch einmal wiederholt – man muss sich seinem Arzt auch anvertrauen.

Schlafbedarf

Im Laufe des Lebens verändern sich Schlafdauer, Tiefschlafanteil (siehe oben), die Häufigkeit der Schlafphasen usw.

Die Schlafdauer verringert sich über die Lebensspanne: Das Neugeborene schläft ca. 16 Stunden täglich, das Einjährige rund 13 Stunden und das Sechsjährige etwa 10,5 Stunden. Die Schlafdauer beim Erwachsenen variiert sehr stark und liegt zwischen 4 und 10 Stunden. Das heisst, dass es extreme Kurzschläfer und Langschläfer gibt, die meisten Menschen jedoch irgendwo in der Mitte liegen, d. h. zwischen 6 und 8 Stunden. Damit weist die Schlafdauer so grosse natürliche Unterschiede auf wie andere biologische Masse, z. B. Körpergrösse oder Gewicht.

Das Gleiche gilt für den Schlaf-Wach-Rhythmus: So gibt es die so genannten „Lerchen“, die zeitig zu Bett gehen und entsprechend früh aufstehen, während die „Eulen“ erst später in der Nacht Müdigkeit verspüren und dafür morgens länger schlafen. Das ist an und für sich – rein von den natürlichen Gegebenheiten her gesehen – kein Nachteil, wird aber in unserem sozialen Gefüge rasch zum Problem, wenn man sich an den üblichen Tagesablauf anpassen muss.

Auch die Struktur des Schlafs ändert sich mit dem Lebensalter: Der erwähnte REM-Schlaf-Anteil ist beim Säugling hoch, vermindert sich aber bereits in der Kindheit. Im Erwachsenenalter nimmt auch der Tiefschlaf immer mehr ab. Viele Menschen über 50 haben fast keine Tiefschlafanteile mehr. Dadurch empfinden manche ihren Schlaf als leicht und störanfällig, wachen häufiger in der Nacht auf und beklagen ihren Schlaf als unbefriedigend. Dabei sollten sie sich allein schon durch die Versicherung beruhigen lassen, dass dies ganz natürliche altersbedingte Veränderungen sind, die ihre Sorgen in keiner Weise rechtfertigen. Ab dem mittleren bis höheren Lebensalter schläft der Mensch – völlig normal – nicht mehr so gut, so tief und so durchgängig wie in jüngeren Jahren. Dadurch gerät er aber keinesfalls in ein Schlafdefizit, und der einzige reale Nachteil sind die Sorgen, die er sich dabei macht.

Der ältere Mensch und der Schlaf

Dass der ältere Mensch nicht mehr so lange zu schlafen braucht wie in jungen Jahren, ist zwar eine alte Erkenntnis, muss allerdings auch etwas differenzierter gesehen werden:

Natürlich ist es richtig, dass der Schlafbedarf im Laufe des Lebens von 16 auf 7 oder gar 6 und noch weniger Stunden abnimmt, allerdings auch nicht bei jedem. Und man muss einräumen, dass der Wunsch vieler älterer Menschen nach Schlaf, ja nach mehr Schlaf als früher, sogar zunimmt, weshalb nicht wenige von ihnen nächtlich länger im Bett liegen bleiben als früher. Tatsächlich verbringen viele Ältere mehr als 9 Stunden nachts im Bett, weil sie sich auch mehr als 9 Stunden Schlaf wünschen. Natürlich ist das eine trügerische Hoffnung. Andererseits spricht vieles dafür, dass die Gesamtschlafzeit, alleine auf die Nacht bezogen, insgesamt gar nicht kürzer ist als die von jüngeren Menschen. Allerdings ist der Nachtschlaf oberflächlicher, unerquicklicher, weniger erholsam, anfällig für Weckreize und (dadurch) öfter durch kurze Wachperioden unterbrochen. Auf jeden Fall ist der Wunsch nach mehr Schlaf im höheren Lebensalter oft deutlich erhöht, was vielerlei Gründe hat. Am ehesten sind dies die verstärkte körperliche und seelische Multimorbidität (also mehrere Krankheiten auf einmal, die sich gegenseitig auch noch verstärken können), die die Betroffenen schnell erschöpft und vor allem in ihren Aktivitäten einschränkt. Deshalb geht der oft gehörte Ratschlag an ältere Menschen, doch einfach ihre Bettzeit zu verkürzen, um nicht „sinnlos grübelnd im Bett zu liegen“, an der Realität vorbei. Was sollen sie denn sonst machen, wenn sie auf sind? Wir dürfen nicht mit unseren eigenen Massstäben messen. Viele können auf Grund ihrer Sehbehinderung auch kaum mehr fernsehen oder gar lesen oder auf Grund körperlicher Einschränkungen sich nicht mehr allzu viel bewegen. Da kommt es leicht zu dem – wenn auch irrealen – Wunsch, doch einfach ins Bett zu gehen, vielleicht kann man doch ein wenig schlafen – und vergessen.

Ausserdem muss man die Nickerchen am Tage dazurechnen. Die nehmen mit dem Alter zu und können ganz erfrischend sein, zumindest sieht sich das so an (bewiesen ist es nicht). Auf jeden Fall aber müssen sie zur Gesamt-Schlafzeit zugeschlagen werden. Und wenn die Nacht Probleme macht, dann sollte man sie tagsüber reduzieren, um den nächtlichen Schlafdruck zu erhöhen.

Der Schlaf als Gradmesser unseres Seelenlebens

Wie schon erwähnt, gehen Schlafstörungen auf verschiedene Ursachen zurück, dabei spielen körperliche und psychische Erkrankungen eine grosse, leider lange oder überhaupt nicht erkannte Rolle. Viele Schlafbeeinträchtigungen sind aber auch psychosozialer Natur, d. h. nicht ernsthaft krank machend, aber doch Schlaf störend, denn der Schlaf gilt auch als Gradmesser unseres Seelenlebens. Alles, was seelisch beschäftigt, ob bewusst oder unbewusst, kann den Schlaf stören, und zwar gleichgültig, ob wir es für bedeutsam halten oder nicht. Die Entscheidung wird „von innen“ getroffen, das, was wir nach aussen demonstrieren, muss nicht unbedingt damit identisch sein. Der Schlaf ist also ein fast unbestechlicher Spiegel unserer Gemütsverfassung. Was wir tagsüber als Problem nicht anerkennen, also „verdrängen“, ist oft nachts nicht zu verheimlichen – und raubt uns den Schlaf. Deshalb sollte man sich nichts vormachen, aufrichtig zu sich selber sein, das Problem möglichst objektiv aufarbeiten, gegebenenfalls mit Unterstützung von Angehörigen, Arzt oder Psychologen.

Der Schlaf ist also nicht nur therapeutisch, sondern auch diagnostisch wichtig, also nicht nur zur Erhaltung der Gesundheit, sondern auch als Warn- oder Alarmsignal bedeutsam. Denn was unsere seelische Gesundheit stört, unterliegt nicht ausschliesslich dem Willen, sondern spielt sich als häufig unbewusstes Gemütsleben ab. Oder anders ausgedrückt:

Der Affekt entscheidet, was stört. Viele erleben deshalb nur ihren Schlaf als gestört, nicht aber sich selber. Wer nur das Krankheitszeichen „Schlafstörungen“ sieht und die Ursache vergisst oder verdrängt, wird auf Dauer keinen Erfolg haben. Ist der Mensch wieder im Einklang mit sich selber, kommt auch der Schlaf zurück. Ein ausgeglichenes Seelenleben ist also auch die Grundlage befriedigenden Schlafs.

Unnötige Schlafängste

Bisweilen verunsichern unnötige „Schlafängste“, obgleich es sich um ganz natürliche vegetative Funktionsabläufe handelt. Dazu gehören Puls, Blutdruck, Stoffwechsel usw. Nachfolgend einige Erläuterungen bzw. „Entwarnungen“, aber auch konkrete Hinweise über mögliche Störungen:

  • Vegetative Funktionsabläufe: Die Atmung im Schlaf wird flacher und langsamer, kann aber – z. B. je nach Traum – vorübergehend wieder stärker, schneller und manchmal sogar kurzfristig unterbrochen werden. Heute, wo immer häufiger und sicher nicht zu Unrecht über das so genannte Schlafapnoe-Syndrom und seine unter Umständen verhängnisvollen Folgen diskutiert wird, muss man allerdings auch betonen: Jeder Mensch hat pro Nacht einige solcher Apnoen, d. h., Atempausen, die jedoch noch nicht beunruhigen sollten.
  • Der Puls sinkt mit zunehmender Schlafdauer ab. Auch der Blutdruck geht zurück. Das kann nach Mitternacht sogar zu einem kurzfristigen Weckreiz führen, der dann häufig zu einem Toilettengang genutzt wird.
    Auch die Körpertemperatur sowie die Tätigkeit der Magen-Darm-Muskulatur und entsprechender Drüsenfunktionen (z. B. Magensaft) wechseln.
    Die Muskelspannung verringert sich mit zunehmender Schlaftiefe. In manchen Schlafstadien ist der Mensch praktisch bewegungsunfähig.
  • Die Körperbewegungen im Schlaf dienen der nächtlichen Erholung. Wer sich im Schlaf wenig bewegt bzw. bewegen kann (Übergewichtige, Parkinson-Kranke, nach Operationen, mit Schienen, Gipsbein oder bei durchgelegenen Betten oder im Rausch usw.), fühlt sich am nächsten Morgen weniger gut erholt bis zerschlagen. Ähnliches gilt natürlich für das ruhelose Hin-und-Herwälzen. Doch werden rund ein halbes Hundert und mehr Änderungen der Schlafposition pro Nacht als normal angesehen.
  • Einschlafzuckungen sind häufig und harmlos, auch wenn sie empfindliche Schläfer zu wecken vermögen. Verstärkt werden sie durch Nervosität, Überempfindlichkeit, Stress, aber auch Überforderung usw. Sie haben nichts mit den nächtlichen Muskelzuckungen (Myoklonus) und den unruhigen Beinen (Restless-legs-Syndrom) zu tun. Bei Unklarheit sollte aber auf jeden Fall ein Arzt konsultiert werden.
  • Sprechen im Schlaf ist häufig, vor allem bei Kindern – und meist harmlos. Geheimnisse werden in der Regel nicht ausgeplaudert. Sollte sich das allerdings verstärken, besonders in jungen Jahren, muss man auch an Schlafwandeln und nächtliches Aufschrecken (Pavor nocturnus) denken und den Arzt um Rat fragen.
  • Schnarchen ist lästig, allerdings häufig und in der Regel harmlos. Manchmal kann es aber auch für Partner und Kinder zu einer ernsten Beeinträchtigung mit entsprechendem Erholungsdefizit werden. Dann sollte man sich – trotz räumlicher Enge oder psychologischer Einwände – nicht scheuen, getrennte Schlafräume zu suchen und zu nutzen. Denn das Schlafdefizit für alle (!) Betroffenen führt dann auch tagsüber zu wachsender Reizbarkeit, ja Aggressivität und heizt damit die negative Atmosphäre mehr an als getrennte Schlafzimmer.

    Handelt es sich um ein ausgeprägteres Schnarchen mit weiteren Symptomen, d. h. mit nächtlichen Atemregulationsstörungen und mangelhafter Sauerstoffversorgung des Gehirns (tagsüber müde, matt, abgeschlagen, missgestimmt, reizbar, unkonzentriert usw.), muss man den Arzt fragen und folgende Faktoren prüfen: Übergewicht, Alkohol oder dämpfende Medikamente (z. B. Beruhigungs- und Schlafmittel), ständige Rückenlage (z. B. durch Übergewicht), Behinderung der Nasenatmung (z. B. bei Kindern) usw. Sollte sich dann der Verdacht auf das schon mehrfach erwähnte Schlafapnoe-Syndrom ergeben, so muss unbedingt eine fachärztliche Untersuchung eingeleitet werden, am besten bei einem Spezialisten bzw. in einem Schlaflabor.

  • Nächtliches Erwachen mit Sturzgefahr nach medikamentöser Dämpfung: Nachts aufwachen und rasch wieder einschlafen, ist eher die Regel als die Ausnahme. Manche nutzen es auch noch zu einem Toilettengang. Wer sich hier jedoch zuvor medikamentös gedämpft hat (z. B. Beruhigungs- oder Schlafmittel), ist natürlich benommen. Dann droht verstärkte Sturzgefahr und im höheren Alter die berüchtigten Schenkelhalsbrüche, die gerade bei solchen Toilettengängen nicht selten sind. Deshalb Vorsicht und alle Hindernisse so weit wie möglich ausräumen (z. B. sich leicht aufrollende Teppiche).
  • Interkontinentalflüge werden immer häufiger. Die Folge dieser mehrstündigen Zeitverschiebung, an die sich der Organismus nur langsam anpassen kann, sind Appetit- und Verdauungsstörungen, Konzentrationsschwäche, Leistungsabfall, Muskelschmerzen und vor allem Schlafstörungen. Flüge in Westrichtung (z. B. USA) sind leichter zu verkraften als zurück.
    Behandlungstipps: wenig oder gar kein Alkohol während des Fluges. Wenig oder leichtes Essen nach Be-dürfnis, statt nach Angebot. Am Ankunftsort sofort in die dortige Tageszeit einsteigen, sich nicht im abgedunkelten Hotelzimmer verkriechen. Helles Tageslicht und viel Bewegung an der frischen Luft. In der ersten Nacht bedürfnisgerecht ausschlafen, in den Folgenächten dann normal. Nicht dauernd an die Beschwerden denken, nicht darüber reden.
[@uelle ifap-GmbH / Prof. Dr. med. Volker Faust ]
Print Friendly, PDF & Email