Christof Reiber hat dank einer Lungentransplantation überlebt

Portrait Christof Reiber/Text Jan-Jesse Müller

Seit Geburt leidet der heute 38jährige Bündner Christof Reiber an der heimtückischen Stoffwechselkrankheit Cystische Fibrose. Als es ihm vor zwei Jahren gesundheitlich immer schlechter ging, liess er sich auf die Warteliste für eine Lungentransplantation setzen. Nach elfmonatiger Wartezeit wurde er im Juni 2004 erfolgreich operiert. Dank der Organspende kann der Wissenschaftliche Bibliothekar zuversichtlich in die Zukunft blicken.

Chritof Reiber

Die Tablettenschachtel hat Christof Reiber immer dabei. Auch während des Gesprächs schluckt er mehrere Pillen. Sein täglicher Medikamentencocktail von 30 Tabletten setzt sich aus 18 verschiedenen Medikamenten zusammen. „Lebenswichtig ist vor allem die regelmässige Einnahme der sogenannten Immunsuppressiva. Sie verhindern die Abstossung meiner neuen Lunge, die mir am 26. Juni 2004 eingepflanzt wurde.“ Dieses Datum hat sich ihm eingeprägt wie ein zweiter Geburtstag.

Krank seit Geburt

Wegen eines Darmverschlusses wurde bei ihm schon drei Tage nach der Geburt die Diagnose „Cystische Fibrose“ gestellt. Beide Elternteile stellten sich als Träger von CF heraus, ohne selbst daran erkrankt zu sein. Christof Reibers Risiko an CF zu erkranken, betrug 25 Prozent. Er ist der einzige CF-Kranke in der Familie. Trotzdem sagt er: „Meine Krankheit war für mich lange Zeit kein Thema.“ Für ihn war es selbstverständlich, dass er seit seiner Geburt ein spezielles Enzym für die Bauchspeicheldrüse einnehmen muss. Ab der Pubertät kamen noch Antibiotika dazu.

Ausser einem chronischen Husten mit Auswurf – die Mitgliederzeitung der CF-Kranken heisst deshalb Spucknapf – und einer bewussten Ernährung musste Christof Reiber viele Jahre lang kaum Einschränkungen in Kauf nehmen. Auf seine damals schmächtige Statur angesprochen, schmunzelt er: „CF macht halt schlank. Doch körperlich ging es mir lange gut. Oft war ich auf Bergtouren bei mir zu Hause im Prättigau.“ Matura und Studium absolvierte er ohne Probleme.

Zunehmende Atemprobleme

Schlechter ging es Christof Reiber erst nach dem Jahr 2000. In diesem Jahr unternahm er seine letzte Bergtour, wie er bedauernd anfügt: „Wegen der fortgeschrittenen Erkrankung konnte meine Lunge nur noch sehr eingeschränkt behandelt werden.“ Neben den Atemproblemen kam eine Medikamentenunverträglichkeit hinzu. 2002 musste er sein Pensum als Wissenschaftlicher Bibliothekar an der Uni Zürich reduzieren. Dazu war viermal innert eines Jahres wegen akuter Entzündungen ein Spitalaufenthalt nötig.

Zum Thema wurde eine Transplantation erstmals im März 2003. Christof Reiber wusste um die Risiken einer Lungentransplantation: „Die Überlebenschance beträgt etwa 90 Prozent. Eine Alternative gibt es nicht.“ Für ihn war deshalb die Entscheidung klar: „Wenn es soweit ist, dann probiere ich das!“ Für die notwendigen Untersuchungen wurde er ans Zürcher Unispital überwiesen. Nach zwei Wochen Abklärungen wurde er im August 2003 auf die Warteliste gesetzt.

Während Wartezeit Roman geschrieben

Mit einem kleinen Fest feierte Christof Reiber die Aufnahme auf die Warteliste. Bei dieser Gelegenheit ging er eine Wette ein, dass er während dieser Zeit einen Roman schreiben werde. Das stellte sich als eine willkommene Ablenkung während der zermürbenden Wartezeit heraus, auch wenn ihm die Energie dafür manchmal fehlte. Denn neben dem beruflichen Teilzeitpensum stand ausserdem alle vier Wochen eine Antibiotika-Kur im Unispital auf dem Programm.

Nach 11 Monaten Wartezeit war es am 26. Juni 2004 endlich soweit: In einer zehnstündigen Operation wurde Christof Reiber die gesunde Lunge eines anonymen Organspenders transplantiert: „Ich hatte Glück – die Operation verlief reibungslos und auch die Medikamente vertrug ich gut. Zudem war die Betreuung im Unispital ausgezeichnet. Nach drei Tagen auf der Intensivstation und insgesamt fünf Wochen Spitalaufenthalt durfte ich wieder nach Hause gehen.“

Entscheid nie bereut

„100 Prozent gesund ist man nie mehr nach einer solchen Operation“, ist sich Christof Reiber bewusst. „Ich benötige nicht nur viel Zeit für Therapien und ärztliche Kontrollen, sondern bin auch anfällig für Infektionen, da das Immunsystem wegen der Medikamente geschwächt ist.“ Mit vier bis fünf Wochen krankheitsbedingten Ausfällen pro Jahr müsse er rechnen, was dank eines verständnisvollen Arbeitgebers und seiner flexiblen Arbeitszeit kein Problem darstelle.

„Ausserdem habe ich gelernt, mit Einschränkungen zu leben und habe weniger Ansprüche als früher. Über meine Lebenserwartung kann ich noch nichts sagen, da zum Langzeitüberleben bei Lungentransplantationen bisher nur wenige Daten vorliegen.“ Seinen Entscheid für eine Transplantation hat Christof Reiber nie bereut: „Ich würde es wieder tun und kann es jedem empfehlen, der sich in der gleichen Situation wie ich befindet! Meine Lebensqualität ist heute viel besser als vor der Operation. Und ohne Transplantation wäre ich heute tot.“

PS: Den Seefahrtsroman „Das Geheimnis der Yellow Amber“ nach dem Vorbild von Stevensons Schatzinsel hat Christof Reiber tatsächlich fertig geschrieben – wenn auch erst nach der Operation. Das 150seitige Werk kann über Books on Demand (Bod) im Internet bestellt werden.

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Was ist Cystische Fibrose?

Cystische Fibrose (CF), auch Mukoviszidose genannt, ist eine schwere, angeborene Stoffwechselerkrankung und die häufigste Erbkrankheit in Europa. Durch ein defektes Gen ist der Wasser- und Salzhaushalt der Schleimhäute gestört. Zäher Schleim verklebt die Lunge und verstopft die Bauchspeicheldrüse. Durch den fortschreitenden Funktionsausfall der Lunge und der Bauchspeicheldrüse werden Atmung, Verdauung und in der Folge das ganze Organsystem beeinträchtigt. Lebensqualität und Lebenserwartung sind stark eingeschränkt. Oft ist eine Lungentransplantation die letzte Möglichkeit, das Leben eines CF-Patienten zu retten. Eine Heilung ist jedoch nicht möglich. Weitere Infos unter www.cfch.ch |www.cfch.ch .

[@uelle: Christof Reiber, Copyright Text: Jan-Jesse Müller, Copyright Foto: Renato Bagattini]
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