Was ist eine Lungenembolie?

Wenn sich Blutgerinnsel (Thrombose) in Blutgefässen gebildet haben und diese sich dann von Blutstrom mitgeschwemmt in anderen Blutgefässen festsetzten, spricht man von Embolie. Bleibt ein solches Blutgerinnsel in den Lungenarterien stecken, so nennt man das Lungenembolie. Als Folge einer Lungenembolie werden die von den verschlossenen Blutgefässen versorgten Lungengewebsbezirke nicht mehr ausreichend mit Blut und Nährstoffen versorgt. Blutgerinnsel, die zu einer Lungenembolie führen können, bilden sich zu 90 Prozent in der unteren Körperhälfte, in den grossen Venen des Beckens oder der Beine.

Lungenembolien sind häufig. Sie kommen bei ein bis zwei Prozent aller Patienten vor, die im Krankenhaus behandelt werden.

Wie entsteht eine Lungenembolie?

Verschiedene Vorerkrankungen oder chirurgische Eingriffe erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Blutgerinnsel in den grossen Venen der unteren Körperhälfte bildet. Steht der Patient dann auf oder erhöht sich der Druck im Bauchraum (Pressen auf der Toilette), können sich diese Blutgerinnsel loslösen und in den Lungengefässen festsetzen. Risikofaktoren für die Entstehung einer Thrombose sind:

  • Höheres Lebensalter
  • Bettlägerigkeit oder Inaktivität, etwa auf langen Reisen mit beengtem Sitzen (Economy-Syndrom bei Flugreisen)
  • Operationen, insbesondere Eingriffe im Unterleib, Hüft- oder Kniegelenksoperationen und Knochenbrüche. Für ältere Menschen ist es besonders wichtig, nicht länger als absolut notwendig das Bett zu hüten. Das Gleiche gilt auch für alle Frischoperierten.
  • Übergewicht
  • Schwangerschaft
  • Pille, vor allem in Kombination mit Rauchen
  • Krebserkrankungen
  • Störung im Blutgerinnungssystem wie z.B. APC-Resistenz
  • bestehende Herzleiden (z.B. Herzinsuffizienz)

 

Lunge
Bei einer Lungenembolie verschliessen Blutgerinnsel (A) Gefässe in der Lunge.
Diese entstehen meistens in den Beinvenen

Welche Anzeichen verspürt man bei einer Lungenembolie?

Die Symptome sind abhängig von der Grösse des Blutgerinnsels. Kleine Lungenembolien machen häufig keine Beschwerden oder nur flüchtig Husten. Bei grossen Lungenembolien treten folgende Beschwerden schlagartig auf:

  • Atemnot
  • Plötzliche Brustschmerzen, vor allem beim Einatmen
  • Husten (eventuell blutig)· Schweissausbruch
  • Angst, Unruhe, Beklemmungsgefühl
  • Gestaute Halsvenen
  • Schneller Puls (Tachykardie)
  • Bläuliche Verfärbung von Haut und Schleimhäuten als Zeichen von Sauerstoffmangel (Zyanose). Am besten ist die Verfärbung an den Lippen und Fingernägeln sichtbar.
  • Plötzliche Bewusstlosigkeit (Synkope)

Die Beschwerden können auch schubweise auftreten, wenn sich das Blutgerinnsel langsam ablöst und in Etappen eingeschwemmt wird.

Welche Untersuchungen werden zur Diagnose benötigt?

Zunächst befragt Sie der Arzt eingehend zu Ihren Beschwerden und anderen Erkrankungen (Anamnese). Dann untersucht er Sie. Die Diagnose wird anhand einiger technischer Untersuchungen gestellt:

  • Das Elektro-Kardiographie (EKG) zeigt bei grösseren Lungenembolien oft typische Veränderungen
  • Untersuchung der Blutgase beziehungsweise der Sauerstoffsättigung
  • Blutabnahme: Nachweis von so genannten D-Dimeren.

    D-Dimere sind Spaltprodukte von Fibrin (Blutfaserstoff, der bei der Blutgerinnung entsteht). Bei embolischen Ereignissen, z.B. einer Lungenembolie, ist die Konzentration von D-Dimeren im Blut erhöht.

  • Ultraschall-Untersuchung des Herzens (Echokardiographie)
  • Computer-Tomographie (CT) der Lunge mit Kontrastmittel
  • Kontrolle der Lungenbelüftung und -durchblutung (Lungen-Szintigraphie)
  • Kontrastmitteldarstellung der Lungengefässe (Pulmonalangiographie)
  • Ultraschall der Beinvenen (Doppler-Sonographie) und Kontrastmitteldarstellung der Venen (Phlebographie), um die verursachende Thrombose zu finden.
Was kann der Patient selbst tun?

Für den Patienten ist es lebenswichtig, sofort den Notarzt zu rufen. Für Angehörige ist wichtig: Sorgen Sie dafür, dass sich der Patient beruhigt, er sollte eine halb sitzende Position einnehmen und sich möglichst wenig bewegen.

Welche therapeutischen Möglichkeiten bestehen und werden angewandt?

Bei der Therapie werden zwei Ziele verfolgt:

  • Die Behandlung der akuten Lungenembolie: Wichtig sind Bettruhe, Schmerzbekämpfung und die Gabe von Sauerstoff. Der Arzt leitet unmittelbar eine blutgerinnungshemmende Behandlung mit einem Heparin ein. Das bewirkt, dass das Gerinnsel nicht weiter wächst und sich auch keine weiteren Gerinnsel bilden können. In bestimmten Fällen wird bei grossen Embolien eine so genannte Lyse-Therapie (medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels) eingeleitet. In seltenen Fällen wird ein sehr grosser Thrombus mit Hilfe eines Katheters (Rechtsherzkatheter) oder einer Operation entfernt.
  • Vorbeugung eines weiteren Blutgerinnsels in der Lunge: Die blutgerinnungshemmende Therapie wird in der Regel mit Tabletten (z.B. Vitamin-K-Antagonisten), gegebenenfalls aber auch mit Spritzen (Heparin) so lange fortgesetzt, wie Risikofaktoren für eine Lungenembolie bestehen. Unter Umständen muss die Behandlung ein Leben lang durchgeführt werden.
Wie können Sie der Erkrankung vorbeugen?

Die Risikofaktoren, die zur Bildung eines Blutgerinnsels führen können, müssen beseitigt werden. Dazu gehören einige allgemeine Massnahmen:

  • Nach einer Operation sollte man sich möglichst schnell wieder bewegen (rasche Mobilisierung). Krankengymnastik wirkt dabei unterstützend.
  • Bei Bettlägerigkeit und Erkrankungen, die eine Thrombosebildung fördern, werden standardmässigblutgerinnungshemmende Medikamente gegeben. Dies erfolgt meist als Spritze unter die Haut (subkutan).
  • Eine strenge Bettruhe sollte möglichst vermieden werden. Bei langen Reisen mit beengtem Sitzen ist regelmässige Bewegung wie Fusskreisen oder Fusswippen wichtig.
  • Bei einer erhöhten Thromboseneigung müssen Kompressionsverbände an den Beinen angelegt oder Antithrombose-Strümpfe angezogen werden.
  • Thrombose-fördernde Medikamente, etwa die Anti-Baby-Pille, dürfen nach bereits durchgemachter Thrombose oder Lungenembolie nicht eingenommen werden.
Prognose und allgemeine Komplikationen

In zehn Prozent der Fälle kommt jede Hilfe zu spät. Wird das akute Ereignis überstanden, muss das Grundleiden behandelt und gegen erneute Blutgerinnsel vorgebeugt werden. Denn die Wiederholungsrate beträgt mindestens 30 Prozent. Komplikationen einer Lungenembolie sind:

  • Entzündung des Brustfells (Pleuritis)
  • Absterben (Gewebsuntergang) des betroffenen Lungenteiles (Lungeninfarkt) mit blutigem Husten
  • Lungenentzündung (Pneumonie)
  • Schädigung des Herzens (Rechtsherzversagen)

Dr. med. Beate Eigler, Fachärztin für Innere Medizin

Copyright:
Heintzen, M.P.; Strauer, B.E.: Akutes Cor pulmonale bei Lungenarterienembolie. Der Internist 7(1999), S. 710-721.
Goldhaber, S.Z.: Medical Progress: Pulmonary Embolism. The New England Journal of Medicine 339 (1999), S. 93 – 105.
Spannagl, M.; Böttiger, B.W.: Akute Lungenembolie – Diagnostik und Therapie. Anästhesiologie und Intensivmedizin 11, 40 (1999), S. 772 – 777.
Redaktion Vedrana Romanovic

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