Überblick

Der Begriff „Interstitielle Lungenerkrankungen“ umfasst eine Gruppe von Erkrankungen, deren Ursache bei mehr als der Hälfte der Patienten nicht bekannt ist. Dabei ist entweder in erster Linie die Lunge selbst betroffen oder die Lungenerkrankung ist Ausdruck einer Erkrankung eines anderen Organs.

Letztlich verdicken sich bei interstitiellen Lungenerkrankungen die dünnen Wände der Lungenbläschen, das Lungengewebe verhärtet sich und schrumpft und der Austausch von Sauerstoff wird erschwert.

Erkannt wird die Erkrankung vor allem mit Hilfe der Lungenfunktionsuntersuchung. Die Computertomographie als bildgebendes Verfahren dient vor allem dazu, die Ursache der Erkrankung herauszufinden. Die Behandlung einer interstitiellen Lungenerkrankung richtet sich in erster Linie nach der zugrunde liegenden Ursache. Falls sie nicht bekannt ist, gilt es vordringlich die Beschwerden zu lindern.

Wie entstehen interstitielle Lungenerkrankungen?

Die Lunge besteht aus den Luft leitenden Bronchien und den Alveolen. In diesen dünnwandigen, Luft gefüllten und von zartem Bindegewebe umhüllten Lungenbläschen verlaufen die kleinen Lungengefässe. Hier wird Sauerstoff aus der Atemluft aufgenommen und das aus dem Stoffwechsel anfallende Kohlendioxid wieder abgegeben.
Bei interstitiellen Lungenerkrankungen verdicken sich die Wände der Alveolen. Meist bildet sich dabei auch neues Bindegewebe. Daneben spielen sich dort entzündliche Prozesse ab und bei manchen Erkrankungen lagern sich Fremdstoffe ein. Letztlich verhärtet sich das Lungengewebe zunehmend und schrumpft meist narbig. Dadurch wird der Gasaustausch in der Lunge erschwert.

Ursachen

Eine Reihe an Erkrankungen und äussere Einflüsse können die beschriebenen Lungenveränderungen verursachen. Dazu zählen:

  • Einatmen von anorganischem Staub, Gas oder Rauch, u.a. Asbest
  • Einatmen von Allergenen
  • bestimmte Medikamente
  • Entzündungen der Lunge
  • Folge einer Bestrahlung, z.B. bei Lungenkrebs
  • Tumorerkrankungen im Bereich der Lunge
  • Abstossungsreaktion einer transplantierten Lunge
  • Leberzirrhose
  • Herzmuskelschwäche
  • chronische Nierenschwäche
  • chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, z.B. Crohn-Erkrankung, Colitis ulcerosa

Bei den meisten Patienten (etwa 65 Prozent der Betroffenen) ist allerdings die Ursache der interstitiellen Lungenerkrankung bzw. die Ursache der Erkrankung, die zu einer interstitiellen Lungenerkrankung führt, nicht bekannt. Dazu gehören:

  • Idiopathische Lungenfibrose
  • Sarkoidose
  • Histiocytosis X
  • Kollagenosen, z.B. Gelenkrheuma
  • bestimmte Form einer herdförmigen Lungenentzündung (eosinophile Pneumonie)
  • familiäre Erkrankungen wie z.B. die tuberöse Sklerose
  • Speichererkrankungen wie z.B. Amyloidose
Welche Beschwerden verursachen interstitielle Lungenerkrankungen?

Beschwerden

Typische Symptome von interstitiellen Lungenerkrankungen sind

  • schleichend beginnende, und langsam zunehmende Atemnot bei Belastung. Atemnot auch in Ruhe ist erst in fortgeschrittenen Stadien vorhanden.
  • andauernder Husten, anfangs meist ein Reizhusten ohne, später auch mit schleimigem Auswurf
  • Gewichtsabnahme
  • allgemeines Krankheitsgefühl, u.U. erhöhte Körpertemperatur, Nachtschweiss

Nicht typisch ist ein blutig verfärbter Auswurf

Körperliche Zeichen

Bei der körperlichen Untersuchung fallen auf:

  • häufig eine rundliche Auftreibung der Fingerendglieder, die auch als „Trommelschlegelfinger“ bezeichnet werden
  • Blauverfärbung u.a. der Lippen und der Zunge („Zyanose“) als Folge des Sauerstoffmangels
  • erhöhte Atemfrequenz
  • Flüssigkeitsansammlungen (Ödeme) in den Beinen in einem späten Erkrankungsstadium als Ausdruck einer erkrankungsbedingten Schwäche des rechten Herzmuskels.

Liegt der interstitiellen Lungenerkrankung eine andere Erkrankung zugrunde, lassen sich oft Zeichen der Grunderkrankung nachweisen, z.B. Gelenkverformungen bei rheumatischen Erkrankungen.

Wie wird ein Interstitielle Lungenerkrankung diagnostiziert?

Nach der Erhebung der Krankengeschichte und einer eingehenden körperlichen Untersuchung durch den Arzt wird zunächst die Funktion der Lunge geprüft und eine Röntgenuntersuchung durchgeführt. Von zentraler Bedeutung ist die Untersuchung einer Lungengewebeprobe unter dem Mikroskop.
Im Allgemeinen ist es nach länger bestehender Erkrankung weniger wahrscheinlich, die Ursache der Erkrankung aufzudecken. Denn letztlich führen alle interstitiellen Lungenerkrankungen zu narbigen Veränderungen, die unter dem Mikroskop nicht voneinander zu unterscheiden sind.

Lungenfunktionsuntersuchung

Grundlage der Diagnostik ist eine einfache Prüfung der Lungenfunktion. Patienten mit interstitiellen Lungenerkrankungen können weniger Luft ein- oder ausatmen. Die Verminderung der Lungenvolumina ist bedingt durch

  • die Verhärtung des Lungengewebes, das bei der Einatmung nicht mehr so gedehnt werden kann;
  • eventuell auch durch eine narbige Schrumpfung der Lunge.
    Gleichzeitig ist der Übertritt von Gasen, insbesondere Sauerstoff, aus den Lungenbläschen in das Blut erschwert. Dadurch sinkt der Sauerstoffgehalt im Blut. Erst in Spätstadien steigt der Anteil an Kohlendioxid im Blut an.
    Röntgenuntersuchungen.
  • Die konventionelle Röntgenaufnahme des Brustkorbs zeigt typische Veränderungen, ohne dass Rückschlüsse auf die zugrunde liegende Erkrankung gezogen werden können.
  • Die hoch auflösende Computertomographie besitzt mittlerweile eine zentrale Rolle in der Diagnostik. In einigen Fällen sind die Veränderungen so charakteristisch, dass auf die mikroskopische Untersuchung von Lungengewebe verzichtet werden kann. Allerdings sind häufig keine Aussagen zur Ursache der Erkrankung möglich.
Laboruntersuchungen

Laboruntersuchungen spielen nur eine begrenzte Rolle in der Diagnostik. Sie können Hinweise auf zugrunde liegende Erkrankungen liefern, besonders bei Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis, Autoimmunerkrankungen und der Farmerlunge.

Bronchoskopie

Im Rahmen der Lungenspiegelung wird eine Lungengewebeprobe entnommen, die in einigen Fällen eine definitive Diagnose ermöglicht. Häufig ist sie aber häufig nicht aussagekräftig. Die Untersuchung der Anzahl und Art der Zellen, die im Rahmen einer Spülung eines Lungensegmentes (bronchoalveoläre Lavage, BAL) gewonnen werden, gibt manchmal zusätzliche, u.a. auch prognostische Informationen.

Lungenbiopsie

Goldstandard der Diagnostik und weiterhin am aussagekräftigsten, ist eine mikroskopische Untersuchung von operativ entnommenem Lungengewebe. Meist kann dafür mit der „Schlüsselloch-Chirurgie“ minimal-invasiv operiert werden.

Wie werden interstitielle Lungenerkrankungen behandelt?

Die Therapie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Dabei behandelt der Arzt die Ursache direkt und/oder lindert die Beschwerden.

Ursächliche Behandlung
  • Vermeiden der Einatmung schädigender Substanzen
  • Behandlung bei Erkrankung durch Allergene
  • Behandlung bei Kollagenosen
  • Absetzen auslösender Medikamente
  • Eine Vermehrung von Tumorzellen in den Lymphspalten der Lunge (Lymphangiosis carcinomatosa) kann nur mittels Chemotherapie behandelt werden, auch wenn die Langzeitprognose ungünstig ist.
Behandlung bei nicht bekannter Ursache

Problematisch ist die Therapie, wenn keine erkennbare und damit behandelbare Ursache einer Schädigung vorliegt, wie z.B. bei der idiopathischen Lungenfibrose. Hier kann ein Therapieversuch mit einem Kortison-Präparat unternommen werden, evtl. in Kombination mit einer Substanz, die das Immunsystem in Schach hält.

  • Behandlung der idiopathischen Lungenfibrose
  • Behandlung der Sarkoidose

Schreitet die Erkrankung trotz aller therapeutischer Bemühungen fort, kommt bei ausgewählten Patienten eine Lungentransplantation infrage. Bis ein Lungentransplantat zur Verfügung steht, kann als überbrückende Massnahme auch eine zeitweilige Beatmung über eine Maske oder ein Mundstück eingesetzt werden.

Behandlung von Beschwerden

Eine Behandlung, die zum Ziel hat Beschwerden zu lindern, ist bei interstitiellen Lungenerkrankungen uneingeschränkt möglich:

  • Gabe von Sauerstoff zur Linderung der Atemnot
  • Behandlung von Erkrankungsfolgen: So werden wassertreibende Medikamente (Diuretika) bei einer Flüssigkeitsansammlung in den Beinen (Ödeme) eingesetzt.
[@uelle Kompetenznetzwerk – Lunge]
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