Täglich muss Heike Richter am „Astmamonitor“ selbst die Lungenfunktion überprüfen.

Die Erstauflage ihres Buches war schnell vergriffen. Eine zweite soll folgen.

Sie hat nicht nur im übertragenen Sinn ein zweites Leben geschenkt bekommen. Heike Richter aus Belgern war so weit, dass sie in ihrer ganzen Verzweiflung bat „Lieber Gott gib mir bitte eine Lunge oder mach Schluss mit mir.“ Die Kunst der Ärzte und ein unbekannter Spender, dem sie unendlich dankbar ist, liessen ihren ersten Wunsch in Erfüllung gehen.

Um auch anderen Menschen in schier ausweglosen Situationen Mut zu machen, um an die riesige Bedeutung von Organspende zu appellieren, hat die Ehefrau und Mutter zweier Söhne ihre Lebensgeschichte aufgeschrieben.

Sport als Lieblingsfach

„Eigentlich hatte ich eine ganz normale Kindheit, spielte viel mit Freunden, machte auch mal Dummheiten und ging gern zur Schule“ – so beginnt der Rückblick. Vor allem Sport sei ihr Lieblingsfach gewesen. Stets vertrat sie die Schule mit vollem Körpereinsatz und viel Herzblut bei Wettkämpfen. Doch bei den sportlichen Aktivitäten stellten sich immer mehr Probleme bei der Belastbarkeit ein.

Sie bekam schlecht Luft, musste immer häufiger zum Asthmaspray greifen. „Von meinen Eltern erfuhr ich schliesslich, dass ich schon als Baby oft krank war, dass ein Arzt kommen musste, der mir etwas gegen meine Luftnot spritzte“, erzählt sie. Behandlungen beim Lungenspezialisten, neue Medikament und Kuren zeigten Wirkung. Ab dem elften bis zum 27. Lebensjahr spielte Heike Richter erfolgreich Volleyball in einer Mannschaft. „Ich hatte keine Luftnot, hoffte, dass dieses Gefühl immer bleiben möge“, weiss Heike Richter noch genau.

Sie erlernte einen Beruf, der ihr Freude machte, heiratete ihre grosse Liebe und wurde auch gleich schwanger. „Wir erwarteten Zwillinge, freuten uns natürlich sehr“, gab sie unumwunden zu. Die Ärzte rieten ihr ab, da die Wahrscheinlichkeit der Vererbung der Krankheit recht gross sei. Der Kinderwunsch siegte auch mit der Hoffnung, dass die Medizin sich weiter entwickelt, etwas gefunden wird, was diese Krankheit erträglicher macht.

Immer wieder Rückschläge

Während der Schwangerschaft verschlimmerte sich die Atemnot. Stärkere Medikament waren einzunehmen Eine Frühgeburt konnte nur durch einen stationären Aufenthalt verhindert werden. Schliesslich wurden die beiden Jungen per Kaiserschnitt geholt. Aber stillen durfte Heike wegen der Medikamente nicht. Der jahrelange Sport forderte dann seinen Tribut.

Eine Operation am Knie war notwendig, die nicht ohne Komplikationen verlief. Bei der Kur schliesslich kam es zu einer Beinvenenthrombose und zu einer Lungenembolie. Der plötzliche Tod der Mutter, die häufige Krankheit der Kinder – all das hinterliess weitere gesundheitliche Spuren. Spritzen mehrmals in der Woche, Aufenthalte in einer Lungenklinik und hammerharte Medikamente bestimmten jetzt das Leben.

Irgendwann begann die junge Frau knorpelige Verästelungen auszuhusten. Wie sich später zeigte, waren dies die eigenen Bronchien. Das Wundermittel „Interferon“ sollte schliesslich helfen. Aber auch hier ein Rückschlag. Der Sauerstoffschlauch in der Nase ermöglichte noch das Atmen. Nur das Verständnis von Ehemann und Kindern liessen sie nicht verzweifeln. „Ich bin stolz auf die drei“, gibt Heike Richter unumwunden zu.

Neben dem Asthma stellte sich noch Diabetes ein. Versuche mit anderen Medikamenten und Therapien gegen das Asthma scheiterten. Klinikaufenthalte wurden immer länger und häufiger. „Die Fragen der Kinder; Wie lange bleibst du? Wann kommst du wieder?, zerrissen ihr fast das Herz. Die letzte Möglichkeit, um überhaupt noch eine Überlebenschance zu haben, war schliesslich eine Lungentransplantation.

Ein zweites Leben

Die junge Frau aus Belgern entschied sich für diese Möglichkeit. Gerade noch rechtzeitig, bevor ihre Kraft zu Ende ging, sogar die Trauerfeier war schon abgesprochen, stand ein passendes Spenderorgan zur Verfügung. Die Operation dauerte zehn Stunden. Vier Tage wurde Heike Richter in ein künstliches Koma versetzt. Trotzdem traten sehr hohes Fieber und ein allergischer Schock auf. Doch irgendwie siegte wieder einmal ihr starker Wille.

„Nie werde ich den Augenblick vergessen, als mir Tubus entfernt wurde und ich zum ersten Mal allein mit der neuen Lunge atmete. Ich kam mir vor als läge ich an der Nordsee bei Windstärke neun“, beschrieb sie ihre Gefühle. Doch es sollte noch ein langer und schwerer Weg sein, den Heike Richter mit vielen Komplikationen zu durchschreiten hatte, ehe sie in die heimische Wohnung zurückkehren konnte, endlich bei ihren Lieben war, die ihr stets zur Seite standen.

Zu Hause ging alles langsam voran. Und dann wieder ein Rückschlag. Nur durch eine weitere Operation konnte das Zusammenfallen des Hauptbronchus verhindert werden. Eine Pilzinfektion trat auf, die Gallenblase musste wegen eines Polypen entfernt werden. Täglich hat Heike Richter 36 Tabletten zu schlucken. „Da könnte ich glatt eine Mahlzeit einsparen“, ist sie zu Scherzen aufgelegt. Obwohl sie auf vieles verzichten muss, von der Ernährung bis hin zur Freizeitgestaltung, ist sie doch ein glücklicher Mensch, der ein zweites Leben geschenkt bekam.

„Leider gibt es noch zu wenige Organspender. Vielleicht kann ich ja mit meinem kleinen Büchlein und meiner Geschichte dem einen oder anderen Mut zu dieser Entscheidung machen“, äusserte sie abschliessend.

[@uelle:torgau-zeitung / Belgern (TZ/fl]
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