Meine Geschichte

hier ein Bericht von Gaston Ravasi über seine Lungenvolumenreduktion (LVR)

Nachdem nun seit meiner LVR-Operation fast ein halbes Jahr vergangen ist, fühle ich mich in der Lage, eine abschliessenden Bericht zu schreiben. Ich tue dies auch in der Absicht, anderen Betroffenen Mut zu machen, denn meine OP ist eine schier unglaubliche Erfolgsgeschichte:

Ich hatte meinen OP-Termin am 9. März im St. Claraspital in Basel bei Prof. M. Solèr. Leider habe ich in der Woche davor ein Infekt eingefangen, so dass ich am 8. März mit sehr gemischten Gefühlen eingerückt bin. Die gleichentags durchgeführte Lungenfunktion zeigte dann auch dramatisch verschlechterte Resultate (FEV1 nur noch 19.8% anstatt bisher ca. 25%, 6-Min.-Test nuch 240 Meter statt bisher 420 Meter).

Mir war sofort klar, dass unter diesen Umständen eine OP nicht durchgeführt werden konnte. Dies umso mehr, als sich mein Zustand stündlich verschlechterte. Im Laufe des Nachmittages kam dann auch der Professor und teilte mir mit, dass er einer OP zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmen könne. Er verordnete mir eine Antibiotika-Kur und verschiedene Inhalationen in der Hoffnung, die OP am 11. oder 16. März durch führen zu können. Ich tat alles, um einen Beitrag zur Verbesserung leisten zu können, aber es war hoffnungslos. Auf dem Ergometer brach ich nach 1 Min. treten ohne Belastung fast zusammen.
Am 11. März wurde die Übung vorläufig abgeblasen. Die Antibiotika-Kur wurde weitergeführt und jetzt mit einer Prednison-Stosstherapie kombiniert (7 Tage à 40 mg). Diese Massnahmen zeigten schon nach wenigen Tagen guten Erfolg und ich konnte mein Ergometer-Training nach einer Woche wieder aufnehmen und meine Trainingsleistung tfast täglich steigern. Bis zum 22. März steigerte ich mein Ergometer-Training auf 30 Minuten mit 45 Watt, ohne dabei an die Grenzen zu gehen.

Die Lungenfunktion vom 22. März ergab einen FEV1 von 26.2%, sodass die OP neu auf den 30. März angesetzt wurde.
Die OP wurde beidseitig thorakoskopisch durchgeführt. Rechts wurde mir rund ein Drittel und links rund die Hälfte des Oberlappens entfernt. Das Aufwachen auf der IPS war nicht anders als das Erwachen aus einem guten Nachtschlaf. Der einzige Unterschied war, dass ich sofort bemerkte, wie gut ich atmen konnte. Schmerzen hatte ich nur wenig und ich konnte bereits am Tag darauf zur Mittagszeit auf die Bettenstation verlegt werden.
Ich war völlig perplex, wie gut es mir ging. Es war zwar etwas kompliziert, mit den beiden Drainageschläuchen, dem Katheter, dem Schlauch im Rücken für die Schmerzmittelpumpe und dem Infusionsschlauch kein Wirrwar zu produzieren, aber es ging.

UND: Ich konnte atmen wie seit Jahren nicht mehr!

Die ersten zwei Nächte waren etwas mühsam, aber man war äusserst grosszügig mit Morphingaben, so dass aufkommender Schmerz immer sofort abgeblockt werden konnte. Ich verbrauchte nur etwa die Hälfte der Dosis, die mir zugestanden wurde. Bereits am vierten Tag wurde der Katheder entfernt, so dass ich mit Hilfe einer Schwester, welche die beiden Wasserschlösser trug, die ersten Schritte machen und zur Toilette gehen konnte.
Auf der linken Seite entwich schon am vierten Tag nach der OP keine Luft mehr aus der Lunge, so dass der linke Schlauch am fünften und der rechte am sechsten Tag nach der OP gezogen werden konnte. Gleichzeitig wurde auch die Schmerzmittelpumpe entfernt und die Infusion abgestellt. Endlich frei!!!!
Schon eine Stunde, nachdem der rechte Schlauch weg war, ging ich auf selbständige Wanderschaft auf den Klinikfluren und in den Garten. Ich machte so einen Spaziergang von gut einem Kilometer, eine Strecke, die ich seit drei Jahren nicht mehr am Stück gehen konnte. Das Faszinierende war, dass „es“ einfach atmete. Ich musste nicht ans Atmen denken, geschweige denn aktiv atmen. Zurück im Zimmer brach es aus mir heraus und ich habe geheult wie ein Schlosshund.
In den folgenden zwei Tagen bin ich immer und immer wieder losgezogen, weil ich es einfach nicht glauben konnte. Aerzte und Schwestern waren gleichermassen begeistert von diesem sensationellen Erfolg und konnten es auch kaum fassen, wie schnell und positiv sich meine Situation entwickelte.

Am Karfreitag, dem neunten Tag nach der OP, konnte ich nach Hause gehen.
Noch etwas wacklig auf den Beinen, aber grundsätzlich fit, konnte ich bereits am Samstag meine Ostereinkäufe tätigen und den Haushalt etwas auf Vordermann bringen. Es war das wohl schönste Osterfest meines Lebens. Am Ostermontag wollte ich es wissen und machte mich auf meinen Standardspaziergang aus früheren Zeiten im nahen Elsass. Die 3.5 km Hinweg schaftte ich ohne Halt und ohne jeden Atemstress in 33 Minuten. Dann gab es einen Münsterkäse und 2 Glas Wein. Der Heimweg war ebenso unproblematisch, wenn man von aufkommendem Muskelkater in den Oberschenkeln absieht. Es war ein unbeschreibliches Erlebnis!

Ich habe seit meiner Rückkehr nahezu jeden Tag auf dem Ergometer trainiert und nach gut vier Wochen auch mit Krafttraining begonnen. Es ist wie ein Wunder für mich, dass ich in der Zwischenzeit ohne Probleme eine Stunde lang mit 100 Watt Belastung treten kann, ohne dabei wirklich ausser Atem zu kommen. Mein Muskelskelett ist wieder vollständig aufgebaut und ich unterliege im Alltag keinerlei Beschränkungen mehr.
Ende Juli hatte ich meine Abschlussuntersuchung bei Prof. M. Solèr, der nicht schlecht gestaunt hat, als ich im 6-Minuten-Test ohne Anstrengung über 600 Meter gegangen bin. Meine Lungenfunktions-Werte waren so stark verbessert, dass ich bei Weiterführung des regelmässigen Trainings und ohne aussergewöhnliche Ereignisse davon ausgehen kann, in den nächsten 10 Jahren keine Probleme mehr zu haben.

Ich geniesse jeden Tag aufs Neue mein neues Leben und bin sehr zuversichtlich, dass ich noch nicht das Maximum erreicht habe. Ich bin voller Energie, arbeite wieder voll und schmiede jede Menge private und geschäftliche Pläne.

Wohl wissend, dass ich grosses Glück hatte, weil mein Emphysem beidseitig heterogen war, und nicht in jedem Fall mit einem derart grosartigen Erfolg gerechnet werden kann, möchte ich allen Betroffenen Mut machen. Ich weiss, dass sich die OP für mich auch dann gelohnt hätte, wenn die Verbesserung nicht von so langer Dauer gewesen wäre.
Ich werde die Mails der Liste nur noch im Archiv studieren, da ich wieder am Arbeiten bin und mir das einmalige Durchsehen einer „Tagesration“ leichter fällt, als die laufenden Eingänge. Wer mich direkt erreichen möchte, kann dies unter g.ravasi@alra.ch |g.ravasi@alra.ch tun.

Mit den besten Wünschen an alle grüsst Euch
Gaston Ravasi

E-Mail: g.ravasi@alra.ch |g.ravasi@alra.ch

[@uelle: Gaston Ravasi / Oktober 2004]
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