Hallo!

Ich wurde vor einem Monat, am 17.7., Doppellungentransplantiert und bin jetzt seit einer Woche in der Reha in Bad Fallingbostel und habe jetzt auch meinen PC hier auf dem Zimmer und die Möglichkeit etwas ausführlicher zu beschreiben wie es mir bisher ergangen ist und ergeht.

OK, wie fing es an.

Der Anruf kam am 17.7. so gegen Mittag: „Hallo hier ist die medizinische Hochschule Hannover. Herr Güdel, wie geht es ihnen?“ Mein Herz fiel mir in die Hose denn ich fühlte mich noch nicht bereit transplantiert zu werden auch, obwohl es mir gerade nicht so gut ging. In der Tat ging es mir sehr schlecht, ich lag in der Woche fast nur im Bett, traute mich kaum zum Mülleimer und hatte auch Schwierigkeiten mit dem Auto zur KG zu fahren.
Und obwohl das Wort Transplantation bis dahin nicht gefallen war, war mir bei diesen zwei Anfangssätzen sofort klar, dass es nur darum ging, was der nächste Satz auch bestätigte als die Ärztin sagte „Herr Güdel, wir haben eine neue Lunge für sie.“
Ich hätte nicht gedacht, dass ich sooo schnell ein neues Organ bekommen würde, ich war doch erst seit dem 20. Januar gelistet! Und mir wurde gesagt ich hätte eine seltene Blutgruppe was durchaus 4 Jahre Wartezeit hätte bedeuten können! Ich hab der Ärztin gesagt, dass ich gerade einen Infekt habe, dass es mir nicht so gut geht, ich 38° Fieber habe und ob sie nicht jemand anderem die Lunge transplantieren könnten. „Das müssen wir im Team besprechen, ich rufe sie in einer halben Stunde nochmal an.“ Die Zeit nutzte ich, um meine Mutter anzurufen, dass sie zu mir kommt und mir hilft Sachen zusammenzupacken, auch für den Fall, dass ich doch nach Hannover fahre.
Nach einer halben Stunde rief die Ärztin wieder an und sagte „Herr Güdel, wir haben beschlossen sie trotzdem zu transplantieren.“ *Schluck* OK, nun ging es los.
Mir wurde überlassen, wie viel Zeit ich noch benötige und wann der Krankenwagen kommen soll, der mich nach Hannover bringt, ich hab gesagt ich benötige noch ca. 30 Min. Mir wurde auch gesagt, dass es nicht eilt (die OP begann erst um 3 Uhr morgens).

Wir haben noch einige Sachen zusammengepackt, meine Mutter war sehr aufgeregt hat es sich aber nicht anmerken lassen, und nach ca. 30 Min. kam dann der Krankenwagen. Das erste Mal, dass vor meinem Hauseingang ein Krankenwagen hielt, ich hab da von dem RTW und den beiden Krankenwagenfahrern noch ein Foto gemacht, achja und warten mussten sie auch, noch bis ich meine Infomail an alle meine Emailadressen in meinem Adressbuch versendet hatte – komischerweise musste mein Rechner noch mal neu gestartet werden, um online gehen und die Mails versenden zu können. Solche Macken hatte er in den letzten Monaten nie gemacht. Er hatte wohl auch ein Schock.
Als der Krankenwagen da war, war ich aufgeregt aber wie bei einer großen schönen Reise.

Dann ging es los, Richtung Hannover. Meine Mutter kam dann später nach, auch meine Schwester kam noch in’s Krankenhaus – habe ich mir erzählen lassen, doch daran kann ich mich schon nicht mehr erinnern, da wirkt wohl schon der Narkoseblackout.

Das Highlight der Fahrt im RTW nach Hannover war gleich zu Beginn die Fahrt durch den Elbtunnel, der natürlich „dicht“ war und dann der Traum eines jeden Elbtunnelfahrers: Mit Blaulicht die Röhre „freiblasen“ zu können.

Nachdem wir uns noch 2x verfahren hatten kamen wir so gegen 16 Uhr in der MHH an. Da hieß es dann erst einmal Röntgen und Aufnahme machen, alles ganz unaufgeregt, Krankenhauslike, träge. Selbst meine RTW-Fahrer, die mich noch bis zur Station brachten, waren erstaunt, wie wenig „Zuständige“ es da so gab. Hätte ich gewusst, dass noch so viel Zeit bleibt.

Nach der Aufnahme kam ich dann auf die Station 15A, die TX-Station, dort durfte ich mich dann duschen (oder? Weiß ich gar nicht mehr so genau.) und mir wurde von 2 Schwestern die Körperbehaarung (Brustkorb, Bauch, Arme, Leisten) abrasiert, absolut nicht so erotisch, wie man sich das vorstellen mag.

Und ab dann habe ich einen Filmriss. Also, ich weiß nicht was ich in der Wartezeit von ca. 17 Uhr bis 3 Uhr morgens gemacht habe. Meine Schwester hat mir erzählt, dass sie ein langes Gespräch mit mir noch geführt hat über die Transplantation.

Erinnern tue ich mich erst wieder daran, dass ich wie nach einem langen Schlaf in einem Raum aufgewacht bin, dessen Mittelpunkt mein Bett war, der von Fenstern umgeben war und in den ein Pfleger kam, der sich wohl sichtlich freute, dass ich wach war, denn ich war, wie ich im Nachhinein erfuhr, fast 3 Tage lang weggetreten und die Ärzte hatten schon Sorge ob „aus dem überhaupt noch wieder etwas wird“. Eine Sorge, die meine Schwester nicht hatte. Denn sie erzählte mir in meinem komatösen Zustand zum Beispiel von ihren Welpen und spürte genau, dass mich das überhaupt nicht interessierte (und da ist etwas dran.). Ich glaube auch, ich hatte einfach keinen Bock nach der anstrengenden Aktion dieser 7stündigen OP so schnell wieder aufzuwachen und wollte nur noch schlafen.

Ich dämmerte da so vor mich hin, ab und zu wollte jemand etwas von mir, manchmal wollte ich auch etwas (was zu trinken). Die Extubierung habe ich nicht in Erinnerung. Ein Freund, der mich am Tag nach der OP besucht, hat erzählte, dass ich gleich perfekt geatmet hätte.

Die folgenden 3 Wochen im Krankenhaus waren für mich das eigentlich Schwere.
Was ich nicht wusste ist, dass man durch die Narkose und auch den Einsatz der Herz- Lungen- Maschine psychische Zustände bekommen kann. Für mich waren diese postoperativen Zustände echt der Horror denn ich sah einen Geheimbund der „Ärzte der ersten Stunde“ die mir meine Lunge wieder herausoperieren wollten. Was ich da so für Phantasien hatte, war ne Mischung aus „Herr der Ringe“ und „Anatomie“ Das ging so weit, dass ich von meinem Zimmer aus die Feuerwehr und die Polizei anrief – und die glaubten mir nicht! – und ich mit Saft nach den vermeintlichen Organräubern spritzte. Ein Freund der mich besuchte erzählte mir wie ich ihm ganz stolz vorführte wie ich mit dem Behälter in dem die Drainageflüssigkeit landete Hanteltraining machen kann.
Also wirklich Gaga. Ich habe dann Tropfen bekommen, ab dann ging es besser und ich konnte die Realität wieder wahrnehmen. Später, bei anderen Mitpatienten die frisch von der Intensiv auf’s Zimmer kamen, konnte ich dann sehen wie ich auch wohl drauf war.

Im Nachhinein bedeutet diese OP: Ich muss Alles neu erlernen.

Zuerst hatte ich Schwierigkeiten zu sprechen oder auch Worte zu finden. Dann ging es daran zu lernen wieder zu sitzen, zu stehen und – am schwersten, da bin ich immer noch dabei – zu lernen zu gehen.

Ich bin jetzt seit 1 Woche in der Reha und das mir wohl am meisten im Weg stehende ist meine eigene Ungeduld. Von allen Seiten – KG, Ärzte, Familie usw. – höre ich, dass mein mich noch schwach fühlen normal ist, dass die Narbe Zeit benötigt zu heilen usw. Ich habe seit der OP stark am Wasser gebaut, jede Siegerehrung bei Olympia, jeder rührende Film, alles lässt bei mir die Tränen fließen und mir wird mehr bewusst als vor der OP, dass diese TX ein Weg ist, wirklich mehr als nur die Reparatur eines Beinbruchs – es ist der Entschluss einen bestimmten Lebensweg zu gehen, der sehr riskant sein kann aber auch viele Chancen enthält. Eigentlich wie eine 2. Geburt (muss schon wieder heulen).

Ich kann jetzt herumlaufen ohne Sauerstoff.
Ich muss es mir angewöhnen nicht zuviel zu atmen – in den letzten Tagen habe ich öfters ansatzweise hyperventiliert, dass erste Mal in meinem Leben, dass ich hyperventiliert habe.

Die Anzahl der zu schluckenden Tabletten / Kapseln hat sich auch schon reduziert.
Morgens nehme ich 15 und Abends 7 Tabletten.

Am Montag war ich zum 1. Mal zur Ambulanz in der MHH, dass war sehr anstrengend für mich – vor allem weil ich die ganze Zeit nüchtern sein musste. Dort stellte sich dann heraus das ich wohl eine akute Abstoßung habe, was dramatischer klingt als es wohl ist. Der Anfangsverdacht eines Infektes bestätigte sich nicht – es wurden in der Lunge keine Bakterien gefunden. Da war ich dann froh das es wohl „nur“ eine Abstoßung ist. Mein FEV1 war schlechter geworden von 1,71 auf 1,35 und die Sauerstoffwerte waren so schlecht, dass ich Montagabend wieder Sauerstoff bekommen habe (PO2 52%). Fieber hatte ich auch – 38,5°C – am Dienstag kamen dann die Ergebnisse der Bronchoskopie aus Hannover und aufgrunddessen habe ich dann Cortisoninfusion bekommen (1g – 1000mg) – die gibt man 3x an 3 Tagen hintereinander und in der Regel ist dann so eine akute Abstoßung damit überwunden. Bei mir hatte die erste Infusion bereits den Effekt, dass ich am Dienstagabend bereits eine 1,45 geblasen habe und in der Nacht den Sauerstoff weglassen konnte. Mittwochmittag habe ich bereits wieder ein FEV1 von 1,72 geblasen und war sogar wieder im Kraftraum zum Training – während ich am Dienstag mich noch nicht einmal in’s Bad traute – so schlapp war ich.
So eine akute Abstoßung ist nicht’s allzu Außergewöhnliches habe ich schon von mehreren Transplantierten gehört – gerade in der Anfangszeit.

Nach 2 Cortisoninfusionen haben sich meine Werte normalisiert und sogar verbessert. FEV1 von 1,72 und PO2 bei 75% Sättigung 95% – also wieder Alles im grünen Bereich. Daran sieht man: es ist wichtig bei auftretenden Problemen sich frühzeitig an die Ambulanz zu wenden!

Besucht doch auch einmal meine Webseite: [LINK]http:&k3;ilios.de.vu/|http:&k3;ilios.de.vu/[/LINK]

Liebe Grüße – Frank

[@uelle: Frank Güdel / August 2004]
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