Was ist eine Transplantation?

Transplantation: Ausgefeilte Logistik erforderlich

Bei einer Transplantation werden gesunde Organe oder Zellen eines verstorbenen Menschen in den Körper eines schwerstkranken Menschen verpflanzt. Der Verstorbene ist der Organspender, der Schwerstkranke der Empfänger.

Die betroffenen Organe des Empfängers haben ihre ursprüngliche Funktion verloren. Durch die Transplantation wird die verlorene körperliche Funktion wieder hergestellt.

Was ist eine Lebendspende?

Schon seit einigen Jahren wird in Deutschland bei Transplantationen die so genannte Lebendspende eingesetzt. Organmangel, steigende Wartezeiten und gute Erfolgsaussichten der Transplantation sind Gründe, warum sich immer häufiger Angehörige oder nahestehende Personen bereit erklären, ein Organ (z.B. eine Niere) oder Teile eines Organs (z.B. Leber) zu spenden.

Im europäischen Vergleich werden in Deutschland allerdings wenige Organe von Angehörigen verpflanzt. Nur 14 Prozent aller Nierentransplantationen seien auf eine Lebendspende zurückzuführen, berichtet Prof. Günter Kirste, Leiter der Abteilung Transplantationschirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik Freiburg. In Skandinavien seien es dagegen bis zu 60 Prozent.

Was ist vor einer Transplantation zu beachten?

Bei einer Transplantation sollten Gewebemerkmale und Blutgruppe von Spender und Empfänger optimal übereinstimmen. Auch Größe und Gewicht des Spenders muss bei Leber- oder Herztransplantationen mit dem des Empfängers übereinstimmen.

Der Grund ist:

Der menschliche Körper erkennt ein neues Organ zunächst als Fremdkörper und versucht, das Organ abzustoßen. Wie heftig diese Reaktion ausfällt, hängt von der Übereinstimmung von Gewebemerkmalen und Blutgruppe ab. Je größer der Grad der Übereinstimmung, desto geringer ist auch die Abstoßungsreaktion.

Was sind die Voraussetzungen für eine Organentnahme?

Lässt sich ein schwerkranker bzw. schwerstverletzter Patient trotz intensiver Bemühungen der Ärzte nicht retten, müssen in Deutschland zwei erfahrene, unabhängige Ärzte zunächst den Hirntod feststellen.

Der Tod des Gehirns ist aus medizinischer Sicht das sicherste Todeszeichen. Ein Mensch lebt nicht mehr, wenn sich keine Gehirnströme mehr messen lassen. Dieses Kriterium gilt auch dann, wenn sich Atmung und Kreislauf noch künstlich aufrecht erhalten lassen.

Besitzt der Verstorbene keinen Organspendeausweis, fragen die Ärzte die nächsten Angehörigen nach dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen. Stimmen die Angehörigen der Organentnahme zu oder liegt ein Organspendeausweis vor, sind alle rechtlichen Voraussetzungen für eine Organentnahme erfüllt.

Bei einer Lebendspende kommen nahe Verwandte einer erkrankten Person als Spender in Frage. Die höchste Motivation zu einer Lebendspende haben wahrscheinlich Eltern, deren Kind erkrankt ist. Aber auch Geschwister oder Großeltern können sich zur Lebendspende bereit erklären. Spender und Empfänger können außerdem Lebenspartner in einer stabilen Beziehung oder langjährige, enge Freunde sein.

Anfangs bestand die Annahme, dass die Gewebeverträglichkeit bei nicht verwandten Personen zu schlecht sei. Diese Zweifel sind aber aufgrund der guten Resultat ausgeräumt. Das Transplantationsgesetz regelt die Lebendspende gesetzlich. Der Gesetzgeber ist bestrebt, dass die Organspende freiwillig und nach reiflicher Überlegung geschieht. Daher ist sie nur Verwandten, Verheirateten, Verlobten oder Personen, die sich „in besonderer persönlicher Verbundenheit offenkundig nahestehen“ erlaubt.

Wie wird eine Transplantation koordiniert?

Wer sich als Organempfänger zu einer Transplantation entschlossen hat, wird beim Unternehmen Eurotransplant angemeldet. Eurotransplant – mit Sitz in Leiden/Niederlande – ist die zentrale europäische Sammelstelle für alle medizinischen Daten, die für eine Transplantation wichtig sind.

Eurotransplant sammelt Daten von Patienten, die als potenzielle Empfänger in Frage kommen, sowie die Daten von möglichen Organspendern. Deutschland, Österreich, Holland, Belgien und Luxemburg sind derzeit and die Zentrale angeschlossen.

Wenn ein potenzieller Organspender stirbt, wird ein Transplantationskoordinator des nächstgelegenen Transplantationszentrums verständigt. Er veranlasst alle notwendigen Untersuchungen zur Gewebetypisierung, um einen optimalen Empfänger zu finden. Das Ergebnis der Gewebetypisierung wird an Eurotransplant weitergeleitet.

Anschließend wird der optimale Empfänger nach bestimmten festgelegten Kriterien per Computer ermittelt. Zu den Kriterien gehören neben der besten Gewebeübereinstimmung auch Wartezeit, Dringlichkeitsstufe und Entfernung zwischen Explantations- und Transplantationsort. Wird im Computer von Eurotransplant kein geeigneter Empfänger gefunden, werden die Transplantationszentralen anderer Länder verständigt.

Jeder potenzielle Organempfänger auf der Transplantationsliste ist immer über einen Piepser erreichbar, um im Ernstfall sehr schnell in der Klink sein zu können. Der Empfänger wird sofort benachrichtigt, wenn ein geeignetes Organ gefunden ist und für die vorbereitenden Untersuchungen in die Klinik gebeten.

Wie läuft eine Transplantation ab?

Sind bei dem Verstorbenen alle rechtlichen Voraussetzungen für eine Organentnahme erfüllt sind und sprechen keine Vorerkrankungen dagegen, entnimmt ein erfahrenes Ärzteteam die Organe und konserviert sie in einer speziellen Lösung. Krebserkrankungen sowie bestimmte Infektions- oder Nervenleiden schließen eine Organspende aus.

Organe lassen sich unterschiedlich lang konservieren. Nieren können heute bis zu 36 Stunden überdauern, andere Organe wie Herz, Leber, Lunge und Bauchspeicheldrüse müssen innerhalb weniger Stunden transplantiert werden. Nicht durchblutete Organe wie Gehörknöchelchen oder Augenhornhaut müssen gekühlt in einer Gewebebank aufgehoben werden.

Das Organ wird transplantiert, sofern keine medizinischen Vorbehalte bestehen. Die Operation erfolgt in der Regel sofort, da lange Konservierungszeiten die Organfunktionen beeinträchtigen.

Was passiert nach einer Organtransplantation?

Nach einer geglückten Transplantation nimmt das Organ meistens seine Funktion wieder auf. Der Körper betrachtet ein fremdes Organ als Fremdkörper und greift es trotz großer Gewebeübereinstimmung an. Patienten müssen deshalb nach der Transplantation lebenslang Medikamente einnehmen, welche die Immunabwehr unterdrücken und die Abstoßungsreaktion verhindern.

Diese Medikamenteneinnahme folgt einem festen Schema. Nur so besteht die Chance, dass der Körper das Transplantat nicht abstößt. Allerdings sind Menschen durch diese Medikamente sehr viel anfälliger für Infektionen. Vor allem kurz nach der Transplantation sind deshalb größere Menschenansammlungen zu meiden.

Feststellung des Hirntodes

Tod: Wenn alle Gehirnfunktionen erlöschen

Einem potenziellen Organspender dürfen erst dann Organe entnommen werden, wenn der Tod endgültig festgestellt wurde. Dies schreibt das Transplantationsgesetz vor. Ein Mensch gilt als tot, wenn sein Gehirn nicht mehr funktioniert. Alle Funktionen des gesamten Gehirns – also des Großhirns, Kleinhirns und Hirnstamms – müssen erloschen sein. Das Gehirn ist das übergeordnete Steuerorgan aller Lebensvorgänge und der Sitz allen Denkens und Fühlens. Mit dem Tod des Gehirns ist auch der Mensch gestorben, so die Definition.

Tief bewusstlos?

Dennoch ist der Begriff des Hirntodes für viele Menschen schwer zu verstehen und mit Unsicherheit verbunden. Denn äußerlich unterscheidet sich ein hirntoter Mensch nicht von einem tief bewusstlosen Menschen. Nur die Intensivmedizin macht es möglich, Kreislauf, Herzschlag, Sauerstoffversorgung des Blutes, Leber- und Nierenfunktion sowie die Atmung für eine gewisse Zeit aufrecht zu erhalten, nachdem das Gehirn für immer ausgefallen ist. Eine Rückkehr ins Leben lässt sich aber in diesem Stadium nicht mehr erreichen. Die zweifelsfreie Feststellung des Hirntodes gilt daher auch als offizieller Todeszeitpunkt.

Die Bundesärztekammer hat Richtlinien zur Feststellung des Hirntodes definiert. Sie legen Verfahren und Ablauf genau fest. Zwei dafür qualifizierte Ärzte müssen den Hirntod des Organspenders unabhängig voneinander feststellen. Sie dürfen weder an der Entnahme der Organe noch deren Transplantation beteiligt sein. Sie dürfen auch nicht der Weisung eines beteiligten Arztes unterstehen.

Vorrausetzungen für den Hirntod

Ziel der Hirntoddiagnostik ist es, ein zweifelsfreies Bild vom Zustand des Patienten zu bekommen. Besteht auch nur der geringste Anhaltspunkt für noch vorhandene Gehirnleistungen, tun Intensivmediziner alles dafür, um das Leben zu retten. Vor Beginn einer Hirntoddiagnostik müssen auch alle anderen Ursachen für eine tiefe Bewusstlosigkeit des Patienten ausgeschlossen werden. Diese können unter anderem sein: Vergiftungen, dämpfende Wirkung von Medikamenten, schwere Unterkühlung oder Kreislaufschock.

Zeigt sich trotz aller intensiven Bemühungen, dass das Gehirn unwiderruflich nicht mehr arbeitet, stellen zwei erfahrene Ärzte aus den Fachgebieten Intensivmedizin, Anästhesie, Neurologie oder Neurochirurgie den Hirntod fest. Angehörige können an der Hirntoddiagnostik teilnehmen.

Wie die Hirntoddiagnostik abläuft

Die klinische Untersuchung umfasst den gleichzeitigen Nachweis, dass alle Hirnstammreflexe und die Spontanatmung ausgefallen sind. Die Hirnstammreflexe sind bei bewusstlosen Patienten auslösbar, bei Hirntoten jedoch nicht. Zu den Reflexen zählen:

  • Pupillenreflex:
    Bei Gesunden sind normalerweise beide Pupillen gleich weit. Sie verengen sich bei Lichteinfall. Bei hirntoten Patienten fehlt dieser Reflex, sie reagieren nicht mehr auf Lichteinfall.
  • Puppenkopf-Phänomen (okulozephaler Reflex):
    Ist ein Patient bewusstlos, aber nicht hirntot, reagiert er auf das schnelle Drehen oder Kippen seines Kopfes mit einer langsamen Gegenbewegung der Augen. Bei einem Hirntoten bleiben die Augen während dieses Tests wie bei einer Puppe ohne Reaktion in ihrer Ausgangsstellung.
  • Hornhautreflex:
    Berührt man die äußerste Augenschicht (Hornhaut) des Auges mit einem Fremdkörper, schließen sich die Augen reflektorisch. Prüft ein Arzt diese Reaktion bei einem Hirntoten mit einem Wattestäbchen, erfolgt keine Reaktion.
  • Schmerzreaktionen im Gesicht:
    Auf Schmerzreize im Gesicht reagieren selbst Patienten, die im tiefen Koma liegen, mit erkennbaren Muskelzuckungen und Abwehrreaktionen der Kopf- und Halsmuskulatur. Bei Hirntoten bleiben diese Reflexe aus.
  • Würg- und Hustenreflex (Tracheal- und Pharyngealreflex):
    Berührungen der hinteren Rachenwand lösen bei Gesunden und Bewusstlosen einen Würgreflex aus. Hirntote zeigen diese Reaktion nicht.

Deuten alle fünf Reflexprüfungen auf einen Hirntod hin, wird die Spontanatmung überprüft. Das unbewusst ablaufende Atmen ist ein lebenswichtiger Reflex. Wird die maschinelle Beatmung ausgestellt, steigt durch den Verbrauch des Sauerstoffs der Kohlendioxidgehalt. Dadurch wird sofort das Atemzentrum im Gehirn aktiviert und löst einen Atemzug aus. Setzt die Eigenatmung nicht ein, liegt ein kompletter Ausfall des Atemzentrums vor.

Weitere Untersuchungen

Diese einmalige Untersuchung reicht jedoch nicht aus, um den Tod festzustellen. Entweder muss nach einer Zeit von 12 und 72 Stunden eine zweite Untersuchung dieser Hirntodzeichen erfolgen oder es werden zusätzliche apparative Untersuchungen gemacht. Dazu zählen Elektro-Enzephalogramm (EEG), Perfusionsszintigraphie, Angiographie und die Doppler-Sonographie. So lassen sich Aussagen über Gehirnaktivität und Durchblutung des Gehirns treffen.

Die beiden untersuchenden Ärzten dokumentieren alle Ergebnisse der Hirntoddiagnostik in einem Protokoll. Erst bei zweifelsfreier Feststellung des Hirntodes wird eine Todesbescheinigung ausgestellt.

Nach Feststellung des Hirntodes wird ein Patient, der nach Auffassung der behandelnden Ärzte für eine Organspende in Frage kommt, dem zuständigen Transplantationszentrum oder der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) gemeldet.

Transplantation der Lunge / Was ist eine Lungentransplantation?

Lungen-OP: Einer oder beide Lungenflügel verpflanzt

Wer auf der Warteliste für eine Lungentransplantation steht, hat meist einen langen und beschwerdevollen Krankheitsverlauf hinter sich. Diese Patienten haben alle Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft, inklusive der permanenten Sauerstoffzufuhr.

Bei dieser Art der Transplantation wird die Lunge eines Spenders auf einen Empfänger übertragen. Die fremde Lunge übernimmt die Funktion des erkrankten Organs, nämlich alle übrigen Organe und Gewebe mit Sauerstoff zu versorgen. Es können entweder ein oder beide Lungenflügel verpflanzt werden.

Im Jahr 2003 wurden in Deutschland 212 Lungentransplantationen durchgeführt, 20 davon waren kombinierte Herz-Lungen-Transplantationen. Bei manchen Patienten verspricht es mehr Erfolg, Herz und Lunge gemeinsam zu transplantieren. Derzeit beträgt die durchschnittliche Wartezeit auf eine neue Lunge etwa neun bis zwölf Monate.

Wann die Transplantation durchgeführt?

Kandidaten für eine Lungentransplantation leiden an extremer Atemnot. Die häufigste Ursache ist das weit fortgeschrittene Lungenemphysem: Die Lungenbläschen werden zerstört und die Lunge ist krankhaft überbläht.

Mukoviszidose (Zystische Fibrose), Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) und die krankhafte Vermehrung von Bindegewebe in der Lunge (pulmonale Fibrose) sind weitere Erkrankungen, die zu schweren Lungenschäden führen.

Bei manchen Erkrankungen wird auch das Herz schwer in Mitleidenschaft gezogen, hier müssen Ärzte eine kombinierte Herz-Lungen-Transplantation in Betracht ziehen.

Wie wird die Transplantation durchgeführt?

Bei Patienten mit Lungenemphysem oder pulmonaler Fibrose wird häufig nur ein Lungenflügel verpflanzt (Einzel-Lungen-Transplantation). Eine Transplantations-Chirurg eröffnet den Brustkorb durch einen seitlichen Schnitt entlang einer Rippe. Der kranke Lungenflügel wird dann behutsam entfernt und die Spenderlunge an die verbliebenen Stümpfe der Lungengefäße und der Atemwege (Hauptbronchus) angenäht. Während der Operation wird der Patient über seinen verbliebenen Lungenflügel beatmet.

Patienten mit Mukoviszidose bekommen meist zwei neue Lungenflügel (bilaterale Lungentransplantation). Hierbei erfolgt der Zugang zum Brustkorb meist über einen so genannten Schmetterlingsschnitt. Vom Brustbein aus wird nach rechts und links an einer Rippe entlang geschnitten. Zuerst wird der eine, dann der andere Lungenflügel ersetzt. Dabei wird der Patient wechselseitig über den jeweils verbliebenen Lungenflügel beatmet.

Bei einer kombinierten Herz-Lungen-Transplantation wird der Brustkorb durch einen Längsschnitt des Brustbeines eröffnet. Die Organe werden dann en bloc – d.h. Herz und Lungen gemeinsam – verpflanzt. Für diese Zeit muss der Patient wie bei einer Herztransplantation an die Herz-Lungen-Maschine angeschlossen werden.

Nach der Operation werden die Patienten einen bis drei Tage maschinell beatmet, bis die neue Lunge ihre Funktion voll aufgenommen hat.

Wie erfolgt die Weiterbehandlung?

Der Körper sieht die neue Lunge als Fremdkörper, den es zu bekämpfen gilt. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen wäre das Organ innerhalb kürzester Zeit zerstört. Alle transplantierten Patienten müssen deshalb lebenslang Medikamente nehmen, welche die körpereigene Abwehr hemmen (immunsuppressive Therapie). Die Gefahr der Abstoßung ist in den ersten sechs Monaten nach der Operation besonders groß. Bei einigen Medikamenten muss regelmäßig der Wirkstoffspiegel im Blut kontrolliert werden, um eine Abstoßung zu verhindern. Transplantierte müssen außerdem regelmäßig Nachsorgeuntersuchungen in der Transplantationsambulanz wahrnehmen. Hier wird vor allem die Funktion des neuen Organs überprüft.

Wie ist die Prognose?

Etwa 70 Prozent der transplantierten Lungen funktionieren nach einem Jahr, nach fünf Jahren sind es noch etwa 49 Prozent. Ein halbes Jahr nach der Operation können die meisten wieder ein relativ normales Leben führen.

Start ins normale Leben / Lebensqualität

Vorwärts: Normales Leben nach sechs Monaten

Nach einer Organtransplantation beginnt ein neues Leben und die Lebensqualität kommt zurück. In den ersten Wochen braucht der Körper noch Ruhe, um sich von der schweren Operation zu erholen und auf die neue Situation einzustellen. Nach etwa sechs Monaten rückt aber vieles, was vor der Tranplantation nicht oder nur mit grösstem Aufwand möglich war, wieder in greifbare Nähe. Die meisten Menschen können nach einer erfolgreichen Transplantation wieder ein fast normales Leben führen. Beispielsweise Kinder und Jugendliche: Sie können wieder regelmässig einen Kindergarten oder die Schule besuchen, und einem Schulabschluss steht nichts mehr im Weg steht.

Tipps beachten

Allerdings gibt es einiges, was sich von einem ganz normalen Leben unterscheidet: Transplantierte müssen ein Leben lang Medikamente zur Immunsuppression einnehmen, die teilweise einschränkende Nebenwirkungen haben, und regelmässig zur Kontrolluntersuchungen im Rahmen der Transplantationsnachsorge. Auch im Alltag gilt es, einiges zu beachten, zum Beispiel den Schutz vor Infektionen. Was für die einen harmlos ist, kann für Transplantierte lebensgefährlich werden.

Medikamente und Nebenwirkungen:

Jeder Transplantierte muss lebenslang Medikamente einnehmen. Diese Immunsuppressiva blockieren das Immunsystem und schützen damit das Transplantat vor einer Abstossung. Doch haben diese sehr effektiven Medikamente auch Nebenwirkungen, die grossen Einfluss auf die Lebensqualität haben können.

Beispielsweise haben knapp 20 Prozent der Patienten, die Tacrolimus einnehmen, zu hohe Blutzuckerwerte. Rund 40 Prozent der Transplantierten, die Mycophenolatmofetil (MMF) schlucken, bekommen Durchfall. Wenn solche Nebenwirkungen und Probleme auftreten, besprechen Sie alles mit Ihrem Transplantationsarzt und vor allem: Ändern Sie nie eigenmächtig die Medikamenteneinnahme, denn dadurch wird das neue Organ gefährdet.

Manchmal lässt sich ein Medikament auch durch ein anderes ersetzen. MMF gibt es beispielsweise seit einiger Zeit in einer anderen Zubereitung. Dabei handelt es sich um ein magensaftresistent verkapseltes Medikament (Mycophenolsäure), dass erst im Darm freigesetzt wird. Eine Studie der Berliner Charité (Transplantation Proceedings, März/ 2004) fand zwar keinen deutlichen Unterschiede in der Verträglichkeit von MMF und der neuen Mycophenolsäure, aber es gebe Hinweise, so die Autoren, dass letztere besser verträglich sei.

Kann ein Medikament nicht ausgetauscht werden, bleibt die Möglichkeit, die Dosis zu ändern. Die Nebenwirkungsrate wird meist weniger, wenn die Dosis eines Medikaments reduziert wird. Das darf aber nur der Transplantationsarzt machen, denn es ist immer eine Gratwanderung zwischen noch erträglichen Nebenwirkungen und einer Dosis, die das Transplantat nicht gefährdet.

Berufsalltag:

Viele Menschen schöpfen einen Teil ihres Selbstwertgefühls aus ihrer Arbeit. Sie empfinden sich als weniger wert, wenn sie nicht mehr arbeiten können. Gerade die Wiedereingliederung in den Berufsalltag hilft den Transplantierten, sich selbst wieder zu akzeptieren. Für den Genesungsprozess ist das besonders wichtig. Angehörige sollten hier nicht im Wege stehen, sondern den Entschluss unterstützen.

Meist können Transplantierte sich nach einigen Wochen oder Monaten wieder in das Arbeitsleben integrieren. Aber: Überfordern Sie sich nicht! Eine Teilzeitarbeit ist sinnvoll und reicht zunächst aus. Klappt es mit der Arbeit, können Sie die Arbeitszeit langsam steigern. Tätigkeiten, bei denen Sie häufig im Kalten und Nassen arbeiten oder regelmässig Kontakt mit Lösungsmitteln haben, sollten Sie allerdings ganz vermeiden. Für das Immunsystem ist die Belastung hier zu gross.

Reisen:

Bereits sechs Monate nach einer Transplantation sind wieder erste Kurzurlaube möglich. Verbringen Sie die ersten Urlaubstage am besten in naheliegende Gebieten Deutschlands. Weiter entfernte Ziele können Sie ab einem Jahr nach der Transplantation ansteuern.

Bei sorgfältiger Auswahl des Reiseziel und Berücksichtigung bestimmter Vorsichtsmassnahmen sind sogar wieder Flug- und Fernreisen möglich. Am besten besprechen Sie ihre Urlaubspläne mit den Ärzten in der Transplantationsnachsorge. Dort werden Sie auch über evtl. Impfungen und Vorsichtsmassnahmen aufgeklärt. Auch auf Reisen gilt: bei Problemen immer den Transplantationsarzt anrufen. Deshalb sollten Sie stets ein Handy oder Kleingeld fürs Telefon griffbereit haben.

Auto fahren:

Wann können Sie wieder Auto fahren? Auf diese Frage gibt es keine Patentantwort. In den ersten Wochen nach der Operation sollten Sie sich auf keinen Fall selbst ans Steuer setzen. Prüfen Sie sich danach selbst, ob Sie fit genug sind, um sich und die andere im Strassenverkehr nicht zu gefährden.

Das Wissen über den Körper, die Wirkung der Medikamente und die möglichen Gefahren ist ein entscheidender Faktor für den Funktionserhalt eines transplantierten Organs. Je mehr Sie über das Leben mit dem neuen Organ wissen, desto besser können Sie damit umgehen – und damit sinkt die Gefahr, dass das Transplantat versagt.

Transplantationsnachsorge / Medikamente + Körper-Check

Arztgespräch: Alle Probleme auf den Tisch

Nach einer Transplantation muss jeder Patient lebenslang Medikamente einnehmen. Diese so genannten Immunsuppressiva sorgen dafür, dass das körpereigene Immunsystem das neue Organ nicht angreift. Leider sind die Medikamente nicht nur sehr effizient, sondern haben auch häufig Nebenwirkungen, die sich auf die Lebensqualität des Einzelnen auswirken. Besprechen Sie immer alle Nebenwirkungen und Probleme mit dem Transplantationsarzt und ändern Sie niemals selbstständig die verordneten Medikamente.

Medikamente sind aber nur ein Teil der Therapie. Genauso wichtig sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen. Nur so lassen sich Abstoßungsreaktionen frühzeitig erkennen und behandeln.

Tägliche Selbstkontrolle

Damit sich körperliche Veränderungen sofort feststellen lassen, ist die tägliche Selbstkontrolle sehr wichtig. Kontrollieren Sie Blutdruck, Puls, Körpertemperatur und Gewicht täglich und dokumentieren Sie die Werte in einem Tagebuch. Dieses enthält zusätzlich Informationen über die Art und Dosis der eingenommenen Medikamente. So haben Ihr Arzt und Sie einen guten Überblick, wie gut das neue Organ funktioniert. Eventuell auftretende Komplikationen sind so sehr früh erkennbar.

Fallen die gemessenen Werte aus dem Rahmen, informieren Sie sofort die Nachsorgeambulanz des Transplantationszentrums. Ein solches Zentrum ist rund um die Uhr besetzt und bei allen Problemen der erste Ansprechpartner. Solange Ihnen das Leben mit dem neuen Organ noch nicht vertraut ist, heißt es: Bei Unklarheiten lieber einmal mehr als einmal zu wenig fragen.

Die Transplantationsambulanz informiert auch über weitere Symptome, auf die Patienten achten sollten. Dazu gehören beispielsweise Gelbsucht oder Dunkelverfärbung des Urins bei Lebertransplantierten bzw. ein Rückgang der täglichen Harnausscheidung bei Menschen mit transplantierter Niere.

Transplantationsambulanz

Für die ärztlichen Untersuchungen ist die Nachsorgeambulanz der Transplantationsklinik zuständig. Wohnt ein Transplantierter weit weg von der entsprechenden Klinik, können Hausarzt oder eine nahe Klinik die routinemäßige Betreuung übernehmen. Ideal ist es, wenn diese Ärzte bereits Erfahrung in der Betreuung von Transplantierten haben.

Besprechen Sie die optimale Nachsorge frühzeitig mit den betreuenden Ärzten, um alle nötigen Schritte in die Wege zu leiten. Trotzdem sollte jeder Transplantierte in bestimmten Zeitabständen auch in die Nachsorgeambulanz der Transplantationsklinik zur Kontrolle gehen.

In den ersten Wochen und Monaten nach der Transplantation ist eine sehr intensive ambulante Überwachung erforderlich. Diese Kontrollen werden auch bei weit entfernt wohnenden Patienten in der Nachsorgeambulanz der Transplantationsklinik durchgeführt. Das ist von großer Wichtigkeit für die Funktionsfähigkeit des neuen Organs. Je nach Organfunktion und körperlicher Verfassung werden die Kontrollintervalle langsam ausgedehnt.

Eine wichtige Komponente der Untersuchung ist die Bestimmung des Medikamentenspiegels im Blut. Die Immunsuppressiva müssen streng nach Vorschrift eingenommen werden, damit ein gleichmäßiger Wirkstoffspiegel im Blut vorhanden ist. In den ersten Wochen finden die Blutentnahmen mehrmals wöchentlich statt. Die Abstände werden dann allerdings rasch länger und erfolgen nach einem Plan, den die Transplantationsklinik festlegt.

In den Kontrolluntersuchungen sollten alle Beschwerden und Probleme auf den Tisch kommen. Dazu gehören auch Folgen der Medikamenteneinnahme, beispielsweise Durchfall. Auch geplante Eingriffe, z.B. beim Zahnarzt, sollten Sie frühzeitig mitteilen. Die Transplantationsambulanz berät den Zahnarzt und Sie, was zu tun, ob Sie beispielsweise zusätzlich Antibiotika einnehmen müssen.

Zusätzliche Untersuchungen

Zum Nachsorgeprogramm gehören nicht nur Routine-Untersuchungen in der Transplantationsambulanz. Auch andere Fachärzte führen regelmäßig Untersuchungen durch, um mögliche Probleme früh zu erkennen. Dazu gehören vor allem folgende Untersuchungen:

  • Augenarzt:
    Kortison kann die Sehkraft verändern. Unter anderem können sich Grauer Star (Katarakt) und Grüner Star (Glaukom) entwickeln. Deshalb sind jährliche Augenuntersuchungen wichtig. Der Augenarzt muss über alle eingenommenen Medikamente informiert sein, vor allem über die genaue Kortisondosis. Meist wird eine Untersuchung mit der Spaltlampe sowie eine Augendruckmessung durchgeführt.
  • Frauenarzt:
    Nach der Transplantation sollten Frauen sich alle sechs Monate vom Gynäkologen untersuchen lassen. Einige Zeit nach der Transplantation normalisiert sich der Menstruationszyklus wieder, daher ist eine sichere Verhütung wichtig. Eine Spirale eignet sich nicht, da sie Infektionen fördern kann. Eine Schwangerschaft ist nach Transplantationen prinzipiell möglich, muss aber gut geplant werden. Monatlich sollte die Patientin ihre Brüste selbst untersuchen, um Auffälligkeiten frühzeitig zu entdecken.
  • Urologe:
    Auch Männer müssen zur Vorsorgeuntersuchungen. Beim Urologen sollten sie die Prostata untersuchen lassen. Wie häufig eine solche Untersuchung nötig ist, sollten Sie mit Ihrem Urologen besprechen.
  • Zahnarzt:
    Alle sechs Monate ist eine Untersuchung beim Zahnarzt fällig. Er muss über alle eingenommenen Medikamente Bescheid wissen, vor allem über die Einnahme von Ciclosporin. Manchmal kann dieses Medikament Zahnfleischwucherungen hervorrufen.
  • Hautarzt:
    Hautkrebs tritt bei Transplantierten vor allem bei starker Sonnenexposition häufiger auf. Diese Tumoren lassen sich frühzeitig erkennen und dann auch erfolgreich behandeln. Daher sollte jeder Transplantierte – abhängig vom Hauttyp – ab dem dritten Jahr nach der Transplantation mindestens einmal jährlich die Haut in einer Hautklinik kontrollieren lassen.

 

Immunsystem / Patrouille im Körper

Eindringling: Aufgefressen und verdaut

Unzählige Krankheitserreger wie Viren und Bakterien dringen jeden Tag über Nase, Mund und Haut in den Körper ein. Es ist Aufgabe des Immunsystems, sie unschädlich zu machen. Verschiedene Gruppen von weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die im Körper patrouillieren, spielen eine wichtige Rolle bei ihrer Beseitigung. Dass es sich nicht um körpereigene Substanzen handelt, erkennen sie an bestimmten Eiweißmolekülen (Antigenen) in der Oberfläche der ungebetenen Gäste.

Das Immunsystem funktioniert allerdings auch da, wo Ärzte im Rahmen einer Therapie fremde Zellen in einen Organismus einbringen, z.B. bei Bluttransfusionen oder Organtransplantationen. Hier sind es viele Antigene, die auf den Körperzellen des transplantierten Organs zu finden sind und die allgemein als Gewebetyp bezeichnet werden.

Die einfachste Methode, die Eindringlinge zu beseitigen, ist das Auffressen. Speziell ausgerüstete Immunzellen, die Fresszellen, stülpen ihre Oberfläche wie kleine Ärmchen aus, umschließen damit den Krankheitserreger und zersetzen ihn ihrem Zellinneren.

Immunzellen mit Spezialauftrag

Reicht diese allgemeine Verteidigungsstrategie nicht aus, um die Angreifer zu beseitigen, hat der Körper weitere spezifische Abwehrmaßnahmen, die Lymphozyten. Man unterscheidet zwei Typen von Lymphozyten: B-Lymphozyten und T-Lymphozyten. Die Fresszellen zeigen die Eindringlinge den T-Lymphozyten. Diese verwandeln sich in Killerzellen und versuchen ebenfalls, die Eindringlinge unschädlich zu machen. Zudem helfen sie den B-Lymphozyten, Antikörper (Immunglobuline) zu bauen. Das sind winzige Y-förmige Moleküle, deren Ärmchen sich an die Oberfläche der Eindringlinge anklammern.

Für jeden neuen Angreifer bauen die B-Lymphozyten genau auf den Eindringling zugeschnittene Immunglobuline. Wie ein Schlüssel ins Schloss passen sie präzise in die Oberflächenstruktur des Krankheitserregers und machen ihn unschädlich. Kommt ihnen ein weiterer Krankheitserreger in die Quere, klammern sie sich auch an diesen an. Nach und nach entstehen so Klumpen von bewegungsunfähigen Erregern. Große Fresszellen können sie verschlingen. Die verschiedenen Zellen kommunizieren über Botenstoffe (Zytokine).

Gedächtniszellen: Gewappnet für die Zukunft

Wenn der feindliche Angriff überstanden ist, speichern einige B-Zellen die Erkennungsmerkmale des Krankheitserregers. Sie werden zu Gedächtniszellen des Immunsystems. Taucht der gleiche Erreger noch einmal im Körper auf, können sofort passende Immunglobuline ausgeschüttet werden und die Krankheit lässt sich wesentlich schneller und besser zurückdrängen: Der Körper ist in Zukunft gegen diese speziellen Eindringlinge immun.

Immunsuppression / Alarmierte Körperabwehr

Gegen die Abstoßung: Körperabwehr in Schach

Unzählige Krankheitserreger wie Viren oder Bakterien dringen jeden Tag in den menschlichen Körper ein. Das körpereigene Abwehrsystem bekämpft die Eindringlinge im Normalfall – eine lebenswichtige Schutzreaktion des Immunsystems. Allerdings betrachtet der Körper auch fremde Zellen eines transplantierten Organs als Feinde und bekämpft sie. Diese Reaktion ist aber nicht erwünscht, weil der Körper das neue Organ sonst abstößt.

Spezielle Medikamente (Immunsuppressiva) unterdrücken die Reaktion des Immunsystems. Nur so lässt sich die Abstoßung des Transplantats verhindert. Immunsuppressiva sind überlebenswichtig nach einer Transplantation. Wer sie absetzt oder falsch einnimmt, riskiert, dass das transplantierte Organ abstirbt. Es gibt verschiedene Immunsuppressiva, die individuell auf die Patienten abgestimmt werden. Meist wird eine spezielle Kombinationen aus mehreren Medikamenten eingesetzt.

Unerwünschte Wirkungen

Diese lebensnotwendigen Medikamente haben neben ihrer erwünschten Wirkung auch einige unerwünschte Wirkungen. Viele treten meist nur in der ersten Zeit nach der Transplantation auf.

Ein Hauptnebenwirkung der Immunsuppressiva ist, dass der Körper verstärkt anfällig für Infektionen wird. Die Medikamente unterdrücken nicht nur die Abwehrreaktion, die gegen das neue Organ gerichtet ist, sondern die gesamte Immunabwehr. Erreger können so viel leichter in den Körper eindringen. Jeder Transplantierte muss vor allem in der ersten Zeit nach der Operation bestimmte Regeln beachten:

  • Infektionsschutz:
    Direkt nach der Operation werden die Immunsuppressiva in hoher Dosis verabreicht. In dieser Zeit ist das Immunsystem sehr anfällig, daher muss der Kontakt mit Keimen so weit wie möglich verhindert werden. Die Patienten werden isoliert und tragen einen Mundschutz. Besucher müssen gesund sein, selbst eine kleine Erkältung kann eine Gefahr für den Transplantierten sein. Händeschütteln, Streicheln, Küssen sind anfangs eher tabu – auch, wenn das schwer fällt. Schnittblumen, Obst und Fruchtsäfte können Krankheitserreger tragen. In den ersten Wochen sind sie daher ebenfalls zu meiden. Das Infektionsrisiko sinkt, sobald die Medikamentendosis reduziert wird. Menschen mit Transplantaten müssen selbst bei ansonsten harmlosen Infekten wie einer Erkältung oder einem Harnwegsinfekt zum Arzt.
  • Erhöhtes Tumorrisiko:
    Immer wieder verändern sich Zellen im Körper, das Immunsystem entdeckt und vernichtet diese normalerweise sofort. Immunsuppressiva unterdrücken diese Reaktion. Transplantierte erkranken deshalb einige Jahre nach der Operation häufiger an bestimmten Tumoren. Betroffen sind vor allem Haut, Nieren und das blutbildende System im Knochenmark. Durch regelmäßige Kontrolluntersuchungen lassen sich derartige Tumoren aber rechtzeitig erkennen und behandeln.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
    Einige Immunsuppressiva verändern den Stoffwechsel und den Blutdruck. Bluthochdruck, hohe Cholesterinwerte und Diabetes – klassische Risikofaktoren für Gefäßverkalkungen (Arteriosklerose) – können die Folge sein. Eine Änderung der Immunsuppressiva (Austausch oder Änderung der Dosis) kann diese Risikofaktoren positiv beeinflussen. In manchen Fällen müssen zusätzliche Medikamente (z.B. Cholesterinsenker, Mittel gegen Bluthochdruck) gegeben werden. Wichtig ist, dass diese Medikamente genauso regelmäßig eingenommen werden wie die Immunsuppressiva.
  • Magen-Darm-Probleme:
    Einige Immunsuppressiva werden vom Magen-Darm-Trakt schlecht vertragen. So können beispielsweise Mycophenolatmofetil oder Azathioprin direkt nach der Einnahme zu Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall führen. Diese Nebenwirkungen können sich erheblich auf die Lebensqualität des Einzelnen auswirken. Wenn solche Probleme auftreten, besprechen Sie alles mit Ihrem Transplantationsarzt und vor allem: Ändern Sie nie eigenmächtig die Medikamenteneinnahme, denn dadurch wird das neue Organ gefährdet. Manchmal lässt sich ein Medikament auch durch ein anderes ersetzen oder die Dosis kann geändert werden, so dass die Nebenwirkungen weniger werden.

Medikamente zur Immunsuppression / Abstoßung verhindern

Medikamente nach der OP: Immunsystem austricksen

Jeder transplantierte Patient muss lebenslang Medikamente nehmen. Sie blockieren das Immunsystem und schützen damit das neue Organ vor der Abstoßung. Diese Medikamente greifen auf sehr unterschiedliche Weise in das Immunsystem ein. Leider sind sie nicht nur sehr effizient, sondern haben auch häufig Nebenwirkungen, die sich auf die Lebensqualität des Einzelnen auswirken. Besprechen Sie immer alle Nebenwirkungen und Probleme mit dem Transplantationsarzt und ändern Sie niemals selbstständig die verordneten Medikamente.

Grundsätzlich unterscheiden Mediziner zwischen der Therapie direkt nach der Operation (initiale Induktionstherapie), der Langzeittherapie (Erhaltungstherapie) und der Abstoßungstherapie zur Behandlung akuter Abstoßungsreaktionen.

  • Initiale Induktionstherapie:
    In den ersten zwei Wochen werden sehr stark wirksame Medikamente (spezielle Antikörper) eingesetzt, um eine frühe Abstoßung des Transplantats zu verhindern. Patienten nehmen sie nur für kurze Zeit ein.
  • Erhaltungstherapie:
    Sie verhindert, dass das Immunsystem das fremde Organ zerstört. Es werden verschiedene Medikamente kombiniert, die das Immunsystem an unterschiedlichen Stellen blockieren.
  • Abstoßungstherapie:
    Eine akute Abstoßungsreaktionen wird vor allem mit spezielle Antikörper und hoch dosiertem Kortison behandelt. Auch Tacrolimus in hoher Dosis hat sich als sehr wirkungsvoll erwiesen.

Die Induktions- und Abstoßungstherapie werden nur kurzfristig und in der Klinik gegeben. Hier werden Antikörper eingesetzt, die jene Zellen des Immunsystems, die ein fremdes Organ angreifen, sehr wirkungsvoll zerstören. Diese sehr gute Wirkung hat andererseits auch viele Nebenwirkungen, so dass Antikörper nur in Kliniken gegeben werden. Die Erhaltungstherapie ist dagegen eine lebenslange medikamentöse Behandlung, die Patienten in Absprache mit dem Transplantationsarzt durchführen.

Medikamentengruppen

Für die Erhaltungstherapie gibt es drei Hauptgruppen von Immunsuppressiva, die das Immunsystem an verschiedenen Stellen beeinflussen. Anfangs werden meist Medikamente aus diesen drei Gruppen kombiniert. Die einzelnen Substanzen müssen nicht so hoch dosiert werden, weshalb auch die Nebenwirkungen weniger stark ausgeprägt sind. Funktioniert das Transplantat gut, wird eines der Medikamente weggelassen oder die Dosis der Medikamente insgesamt verringert. Ein Transplantationszentrum nimmt die Änderung der Therapie vor, auf keinen Fall dürfen Patienten dies selbst entscheiden.

1. Calcineurinhemmer
Wirkmechanismus:

Dazu gehören die Substanzen Ciclosporin und Tacrolimus – die beiden wichtigsten Medikamente für die Immunsuppression. Calcineurin ist ein Enzym in verschiedenen Körperzellen, unter anderem auch in den Zellen des Immunsystems. Es ist wichtig für die Signalweiterleitung in speziellen Zellen der Immunabwehr (T-Lymphozyten), wenn diese aktiviert sind. Calcineurinhemmer verhindern diese Signalweiterleitung und damit die Aktivierung des Immunsystems. Ruhende T-Zellen greifen das neue Organ nicht an. Ciclosporin war der erste Calcineurinhemmer, der die Transplantationsmedizin revolutionierte (seit 1983).

Korrekte Einnahme

Die täglich einzunehmende Medikamentenmenge ist bei jedem Patienten unterschiedlich. Es gilt, individuell die optimale Dosis zu bestimmen und immer wieder neu anzupassen. Regelmäßige Blutuntersuchungen zur Kontrolle des Medikamentenspiegels sind deshalb ein Muss.

Calcineurinhemmer müssen exakt alle zwölf Stunden eingenommen werden, um im Blut einen gleichmäßigen Medikamenten-Spiegel zu erreichen. Das Überleben des Transplantats hängt von der richtigen Einnahme der Immunsuppressiva ab. Die Wirksamkeit der Calcineurinhemmer kann durch andere, scheinbar harmlose Substanzen verändert werden. So kann beispielsweise Johanniskraut die Wirksamkeit senken und Grapefruit-Saft den Medikamentenspiegel im Blut stark anheben. Deshalb sollten Patienten wirklich alle Medikamente, die sie zusätzlich einnehmen wollen, zuerst mit dem behandelnden Arzt im Transplantationszentrum besprechen.

  • Azathioprin
  • Everolimus
  • Mycophenolatmofetil
  • Mycophenolsäure
  • Sirolimus
2. Zellteilungshemmer
Wirkmechanismus:

Dringen Erreger oder fremde Zellen in den Körper, wird das Immunsystem aktiviert. Der Körper bildet verstärkt Immunzellen. Zellteilungshemmer (Zellproliferationshemmer) verhindern, dass sich die Immunzellen vermehren. Azathioprin hemmt Entwicklung und Wachstum von verschiedenen Zellen des Immunsystems. Mycophenolsäure und Mycophenolatmofetil hemmen spezifisch die aktivierten B- und T- Lymphozyten, die ein neues Organ angreifen würden. Everolimus und Sirolimus hemmen Botenstoffe, die B- und T- Lymphozyten aktivieren. Im Gegensatz zu den Calcineurinhemmer greifen die Zellteilungshemmer also an einer anderen Stellen in den Abwehrmechanismus ein.

Korrekte Einnahme

Zellteilungshemmer werden meist in Kombination mit Calcineurinhemmern eingenommen. Auch für sie gibt es festgelegte Einnahmezeiten. Mycophenolatmofetil führt bei vielen Patienten direkt nach der Einnahme zu Durchfall. Seit kurzem ist es in einer neue Form (Mycophenolsäure) auf dem Markt, so dass das Medikament erst im Darm und nicht im Magen aufgenommen wird. Es gibt Hinweise, dass es dadurch besser verträglich wird.

  • Ciclosporin bei Autoimmunkrankheiten
  • Ciclosporin bei Transplantation und Autoimmunkrankheiten
  • Tacrolimus
  • Kortison Kortison wird zusätzlich zu den Calcineurin- und Zellteilungshemmern gegeben. Es wirkt unspezifisch auf das gesamte Abwehrsystem des Körpers. So werden nicht nur aktivierte Abwehrzellen gebremst, sondern auch Fresszellen. Direkt nach der Transplantation wird Kortison in sehr hoher Dosis gegeben, dann wird die Dosis langsam reduziert. Hohe Kortisondosen werden auch für die Abstoßungstherapie verwendet.
  • Prednison

Alltag mit dem neuen Organ / Neues Leben

Nach der OP: Lange Spaziergänge für die Fitness

Die Zeit vor der Transplantation und die ersten Wochen danach sind relativ stressig. Aber mit der Zeit normalisiert und beruhigt sich das Leben wieder. Durch die Transplantation verändert sich vieles und es dauert sicher einige Zeit, bis man sich an das neue Leben gewöhnt hat. Jeder Patient muss dieses Leben neu erlernen und dafür braucht man Zeit, Geduld und manchmal Hilfe. Wichtig ist es auch, mit Familie, Freunden und Kollegen über seine Gedanken oder Probleme zu sprechen.

Sport

Bewegung tut gut. Nehmen Sie die sportlichen Aktivitäten nach der Transplantation langsam wieder auf. Zunächst empfehlen sich lange Spaziergänge, später sind Wandern, Rad fahren und Schwimmen besonders geeignet. Steigern Sie Ihre Leistungsfähigkeit langsam, aber konsequent. Sportarten mit einer hohen Verletzungsgefahr wie Fußball oder Karate sollten Sie meiden. Ebenfalls tabu sind größere Kraftanstrengungen, beispielsweise schwere zu Möbelstücke bewegen.

Vorsicht Sonne

Durch die Immunsuppression ist das Hautkrebsrisiko erhöht. Daher sollten Sie die Sonne nur mit hohem Lichtschutzfaktor genießen. Zudem machen einige Medikamente die Haut empfindlicher, so dass es schnell zu einem Sonnenbrand kommen kann.

Körperpflege

Das Risiko von Infektionen lässt sich durch die richtige Pflege verringern. Dreimal täglich mit viel Seife duschen ist übertrieben und schadet mehr als es nutzt. Aber selbstverständlich sollten Sie vor dem Essen, nach dem Händeschütteln, Toilettengang oder Müll heraustragen die Hände gründlich waschen. Beachten Sie folgende Tipps:

  • In Handtüchern können sich Keime ansiedeln, daher täglich wechseln.
  • Duschen ist besser als Baden; langes Plantschen kann die Haut aufweichen.
  • Den Eigenschutz der Haut (Säureschutzmantel) nicht angreifen; deswegen nur milde Waschlotionen mit neutralem pH-Wert von 7,5, Dusch-Öle oder Wasser verwenden.
  • Während der Menstruation Tampons und Binden besonders häufig wechseln.
  • Fußsohlen und Hautfalten regelmäßig auf Pilzbefall untersuchen. Warzen, Fuß-, Haut- und Nagelpilz kommen bei transplantierten Patienten häufiger vor.
  • Kein Make-up, Abdeckstift oder Puder benutzen.
  • Kortison verändert die Haarstruktur, Tönungen oder chemische Behandlungen können dann anders ausfallen.
  • Ciclosporin führt manchmal zu überschießendem Haarwachstum, hier können Haarentfernungscremes helfen.
  • Zähne und Zahnfleisch regelmäßig und behutsam mit einer weichen Zahnbürste putzen. Wird das Zahnfleisch verletzt, können Bakterien in die Blutbahn gelangen.
Tiere und Pflanzen
  • Haustiere stellen ein gewisses Infektionsrisiko dar. Besprechen Sie dies mit Ihrer Transplantationsklinik.
  • Zimmerpflanzen können Infektionsherde sein, da in der Erde Keime leben. Wer auf Pflanzen nicht verzichten will, kann auf Hydrokultur umstellen.
  • Bei der Gartenarbeit Gummihandschuhe tragen; diese können teilweise vor Verletzungen schützen. Komposthaufen am besten ganz entfernen, da dort gefährliche Pilze wachsen können.
Kinderwunsch

Viele junge Menschen, die transplantiert werden, wünschen sich ein Kind. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, nach einer Transplantation eine normale Schwangerschaft auszutragen. Mit Komplikationen muss jedoch aufgrund der Medikamente gerechnet werden. Bei angeborenen Organschäden ist eine genetische Beratung sinnvoll.

Frauen:

Die Schwangerschaft muss geplant werden, da nicht alle Medikamente für Schwangere verträglich sind. Sie werden dann ausgetauscht. Sinnvoll ist es, mit der Familienplanung mindestens ein Jahr nach der Operation zu warten. Die meisten Babys kommen zu früh auf die Welt. Zudem ist die Fehlbildungsrate erhöht. Bei der Geburt kann es zu einer Abstoßungskrise kommen. Da sich die Medikamente in der Muttermilch anreichern, sollte das Kind nicht gestillt werden.

Männer:

Immunsuppressiva schädigen die Spermien, so dass es möglicherweise zu Schäden der Erbmasse kommen kann. Da in den ersten Monaten nach einer Transplantation sehr hohe Medikamentendosen gegeben werden, sollten Männer in dieser Zeit kein Kind zeugen.

 

Ernährung / Ausgewogen essen

Gesundes Essen: Erlaubt ist alles, was gekocht ist

Eine ausgewogene Ernährung mit frischen Produkten und ausreichender Kalorien-, Eiweiß- und Vitaminzufuhr ist für alle Menschen nach einer Transplantation empfehlenswert. Die einzige Ausnahme: Bei zusätzlichen Begleiterkrankungen wie Diabetes oder Störungen des Fettstoffwechsels kann eine spezielle Diät notwendig sein. In jedem Fall ist es wichtig, die Kalorienzufuhr zu kontrollieren. Menschen sollten nach einer Transplantation kein Übergewicht ansammeln, weil dies den Körper zusätzlich belastet.

Keime meiden

Immunsuppressiva schwächen das Immunsystem. Für Menschen mit transplantierten Organen können eigentlich harmlose Keime zur Gefahr werden. Beachten Sie deshalb Folgendes:

  • Lebensmittelreste sind ein idealer Nährboden für Krankheitserreger; lagern Sie Lebensmittel deshalb grundsätzlich kühl und dunkel.
  • In rohem Fleisch können Erreger wie Toxoplasmen stecken. Waschen Sie Fleisch und Fisch vor dem Zubereiten immer ab und garen Sie es gut durch.
  • Geflügel sollten Sie nur im eigenen Haus zubereiten und essen. Ist das Fleisch nicht ganz durch, kann es Salmonellen enthalten.
  • Auch roher Schinken oder Salami kann zu Lebensmittelinfektionen führen; daher ist gekochter Schinken empfehlenswert.
  • Schälen und kochen Sie Gemüse und Obst.
  • Meiden Sie in den ersten Monaten Obst und Gemüse, das in Bodennähe wächst und nicht gekocht wird, beispielsweise Salate oder Erdbeeren. Wird die Dosis der Immunsuppressiva reduziert, können Sie diese Lebensmittel wieder unbesorgt genießen. Allerdings gilt: Gründlich waschen vor dem Verzehr.
  • Meiden Sie Grapefruit in jeglicher Form; es verändert die Wirkung der Immunsuppressiva.
  • Trinken Sie keine Frischmilch vom Bauernhof, auch Rohmilchprodukte sind tabu.
  • Verzichten Sie auf Schimmelkäse.
  • Essen Sie nur hart gekochte Eier. Vorsicht ist bei „versteckten“ Eiern in Mayonnaise und Tiramisu angebracht; vor allem im Sommer können sie zu Lebensmittelvergiftungen führen.
  • Essen Sie keine Nüsse und Mandeln, sie sind häufig leicht angeschimmelt.
  • Vernichten Sie Lebensmittel, selbst wenn sie nur leicht angeschimmelt sind. Abschneiden der verdorbenen Stelle reicht nicht aus, um den Schimmel zu beseitigen.
  • Achten Sie auf das Verfallsdatum von Lebensmitteln.
  • Die Arbeitsflächen in der Küche sollten Sie heiß abwaschen, damit sich dort keine Keime sammeln können.
Spezieller Bedarf

Der Bedarf an bestimmten Vitaminen und Mineralien kann nach einer Transplantation erhöht sein. Manchmal ist die zusätzliche Einnahme von Vitaminpräparaten sinnvoll. Aber: Halten Sie zuerst Rücksprache mit Ihrem Transplantationsarzt!

Vitaminpräparate sind kein Ersatz für eine vollwertige Ernährung. Eine ausreichende Kalziumzufuhr ist vor allem bei einer Kortisontherapie wichtig, da Kalzium einer Osteoporose entgegen wirkt. Sehr viel Kalzium steckt in Milch und Milchprodukten sowie grünen Gemüsesorten wie Brokkoli, Lauch oder Grünkohl.

Nach einer Transplantation lagert sich häufig Wasser im Körper ein (Ödeme). Eine salzarme Ernährung hilft, das Wasser schneller wieder auszuscheiden. Auch bei erhöhtem Blutdruck sollten Sie den Salzkonsum senken.

Die Grunderkrankung und bestimmte Medikamente können die Funktion einer neuen Niere beeinträchtigen. Trinken Sie deshalb mindestens zwei Liter Flüssigkeit täglich. Zuckerhaltige Getränke sind ein Hauptgrund für starke Gewichtszunahme und deshalb: Lieber Finger weg!

Alkohol ist – wenn überhaupt – nur in geringen Mengen erlaubt. Alkohol belastet die Leber zusätzlich zu den verabreichten Medikamenten. Im Einzelfall ist nach einiger Zeit bei besonderen Feierlichkeiten ein halbes Glas Wein, Sekt oder Bier noch im Rahmen. Nach einer Lebertransplantation gilt defintiv: Hände weg vom Alkohol!

[@uelle: NetDoktor / Dr. med. Katharina Larisch]
Print Friendly, PDF & Email