Cortison

Fast jeder kennt Cortison. Es ist eines der bekanntesten Medikamente überhaupt und wird bei vielen Erkrankungen erfolgreich eingesetzt. Gleichzeitig haben viele Patienten Angst vor Nebenwirkungen, die in einigen Fällen sehr gross sein können. Seit der Entdeckung vor rund 60 Jahren ist das Hormon aus der Nebennierenrinde immer weiter untersucht worden. Inzwischen gibt es Therapierichtlinien und genaue Vorstellungen davon, wann und wie Cortison eingesetzt werden kann.

Eine lebenswichtige Substanz.

Cortison basiert auf Cortisol, einem lebenswichtigen Hormon, das in der Nebennierenrinde gebildet wird. Dabei täuscht der Name ein wenig: Die Nebennieren liegen wie eine Kappe oben auf den Nieren und sind tatsächlich zwei völlig unterschiedlich aufgebaute Drüsen. Mit den Nieren und der Nierenfunktion haben sie nichts zu tun. Kann die Nebennierenrinde das Hormon nicht herstellen, stirbt der Mensch. Die beiden Bestandteile der Nebennieren sind die Nebennierenrinde und das Nebennierenmark. In den drei Schichten der Nebennierenrinde werden sehr unterschiedliche Hormone gebildet:

  • D
  • Mineralocorticoide, die den Mineralhaushalt regulieren
  • Sowie Androgene, Östrogene und Gestagene

Erst 1936 gelang es drei voneinander unabhängigen Forschergruppen, eine Substanz aus der Nebenniere zu isolieren, die später den Namen Cortison erhielt. Es sollte allerdings noch bis 1948 dauern, bis die erste Patientin erfolgreich mit Cortison behandelt wurde. Damals konnte eine junge Amerikanerin mit schwerem Gelenkrheumatismus nach der Cortison-Behandlung innerhalb von drei Tagen wieder schmerzfrei laufen und die Therapie mit Cortison wurde geboren.

Ein komplizierter Kreislauf regelt den Hormonspiegel.

Im Ruhezustand bildet der Körper 8-25 mg Cortisol pro Tag, bei Stressbelastungen auch bis 300 mg. Da das Hormon dem Körper immer zur Verfügung stehen muss, wird sein Vorkommen über einen komplizierten Regelmechanismus gesteuert. Innerhalb dieses Mechanismus wird die grösste Menge an Cortisol in mehreren Schüben bis morgens um 6 Uhr gebildet, danach nimmt die Hormonproduktion wieder ab. Die genaue Kenntnis dieses Regelkreises, unter Umständen sogar individuell für jeden Patienten, ist eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Cortison-Behandlung.

Cortison als Wirkstoff.

Seit der erfolgreichen Behandlung der jungen Amerikanerin war Cortison als Arzneimittel etabliert. Inzwischen ist bekannt, dass Cortison verschiedene Wirkungen hat und entsprechend unterschiedlich eingesetzt werden. Es hemmt Entzündungen, unterdrückt immunologische Reaktionen, kann Hirnödeme beseitigen und verhindert Erbrechen nach der Einnahme bestimmter Krebsmittel. Diese Wirkungen beruhen darauf, dass das Hormon im Zellkern die Bildung bestimmter Eiweisskörper auslöst, die dann ihrerseits Reaktionen auslösen. Daher tritt die Wirkung des Medikamentes frühestens nach 30 Minuten ein. Diese Wirkung wird aber nur erreicht, wenn das Hormon in einer höheren Dosierung als im Körper verabreicht wird. Bei extrem hohen Dosierungen lagert sich das Hormon direkt in die Zellwände ein und kann dann sofort wirken. Diesen Mechanismus machen Ärzte sich zunutze, wenn zum Beispiel Schwellungszustände im Gewebe die Atmung behindern oder auch Schockzustände das Leben des Patienten akut bedrohen.

Unerwünschte Nebenwirkungen sind problematisch

Da Cortison als Medikament nur in Dosierungen wirkt, die über dem natürlichen Hormonspiegel liegen, reagiert der Körper auf den Hormonüberschuss. Man unterscheidet zwei Auswirkungen: der Patient entwickelt das sogenannte Cushing-Syndrom mit Vollmondgesicht, Stiernacken, Gesichtsrötung und brüchigen Hautgefässen. Ausserdem kann es zu Blutdruckanstieg, erhöhtem Blutzucker, einer Erhöhung der Blutfettwerte und gesteigerter Infektionsanfälligkeit kommen.
Die zweite Reaktion betrifft den Regelmechanismus des Hormons. Durch die Zuführung des Hormons von aussen schläft die eigene Hormonproduktion ein und kann sogar zum Schwund der Nebennierenrinde führen. Problematisch wird dieser Zustand, wenn die Therapie abgebrochen wird, weil es einige Zeit dauert, bis die eigene Produktion wieder in Gang kommt. In Stresssituationen gerät ein solcher Patient dann in Gefahr, weil die Nebennierenrinde das Hormon nicht in ausreichender Menge schnell genug zur Verfügung stellen kann.
Auch Osteoporose gilt als Spätfolge einer Cortison-Behandlung. Ärzte und Mediziner gehen jedoch inzwischen davon aus, dass Cortison nicht die alleinige Ursache der Krankheit sein kann. Allerdings ist es notwendig, vor einer längeren Cortison-Therapie das Risiko für eine Osteoporose festzustellen und bei Bedarf präventive Massnahmen wie Kalziumgaben oder die Einnahme von Vitamin D und Fluor. Vor Beginn und während der Behandlung sollte die Knochendichte bestimmt werden und eventuelle Abweichungen entsprechend behandelt werden.

Dosierungsrichtlinien sind etabliert.

Die inzwischen gut erforschten Konsequenzen der Cortison-Therapie haben auch dazu geführt, dass das Medikament heute anders eingesetzt wird als noch zu Zeiten seiner Entdeckung. Die Dosierung richtet sich dabei nach der Schwere des individuellen Krankheitsbildes und der Reaktion des Patienten. Akute Erkrankungen werden in der Regel nur kurzfristig, chronische Erkrankungen meist langfristig therapiert. Dabei bemüht man sich, chronisch Kranken mit der kleinsten, eben noch wirksamen Dosis zu helfen. Dieser Prozess ist langwierig und schwierig, weil man nach einer erfolgreichen Anfangsbehandlung mit einer relativ hohen Dosierung versucht, die Wirkstoff-Dosierung immer weiter zu verringern. Bei sehr niedrigen Dosierungen kann dieser Vorgang jedoch nur sehr langsam und in ganz kleinen Schritten vollzogen werden.
Ziel ist immer, die unerwünschten Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Dazu müssen Arzt und Patient zusammenarbeiten. Der Patient sollte sich selbst intensiv mit seiner Cortison-Behandlung auseinandersetzen und sich so gut wie möglich informieren, um bei der Therapieführung aktiv teilzunehmen. Dazu gehört unter anderem auch eine salzarme, ausgewogene Ernährung, bei der fettarme Milchprodukte sowie Obst und Gemüse eine wichtige Rolle spielen. Sport und Bewegung tragen ebenso zu weniger Beschwerden und Nebenwirkungen bei.

Vielfalt der Präparate

Das ursprüngliche Cortisol wird noch immer bei Patienten mit eingeschränkter Nebennierenrinde eingesetzt. Für andere therapeutische Zwecke wurde durch chemische Veränderungen verschiedene Cortison-Präparate entwickelt, die zwar alle die gleiche Wirkung im Organismus haben, sich aber durch die Wirkungsstärke und das Verhalten der Substanz im Organismus unterscheiden. Besonders die cortisonhaltigen Salben, die bei Hauterkrankungen eingesetzt werden, haben von der Medikamentenforschung der letzten Jahre profitiert. Heute gibt es eine Reihe von Salben und Cremes, die auch bei längerem Einsatz auf der Haut keine Auswirkungen auf den Gesamtorganismus haben, sondern ihre Wirkung nur lokal auf der Haut entfalten. Auch Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen, Asthma oder entzündlich-rheumatischen Krankheiten haben von dieser Entwicklung profitiert. Cortison kann inhaliert, gespritzt oder in Form von Tabletten geschluckt werden.

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